Betrugsprozess gegen Ex-Fifa-Chef Blatter und Ex-Uefa-Chef Platini begonnen
Nach sechsjährigen Ermittlungen wegen verdächtiger Geldzahlungen hat in der Schweiz am Mittwoch der Prozess gegen Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter und Ex-Uefa-Chef Michel Platini begonnen. Den früheren Chefs des Weltfußballverbands Fifa und der Europäischen Fußball-Union Uefa werden vor dem Gericht in Bellinzona "Betrug", "pflichtwidriges Management", "Vertrauensmissbrauch" und "Fälschung" zur Last gelegt. Dem 86-jährigen Schweizer Blatter und dem 66-jährigen Franzosen Platini drohen bis zu fünf Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Blatter und Platini erschienen zum Auftakt des Prozesses vor dem Bundesgericht in Bellinzona. Das Gericht wird die langjährigen Beziehungen zwischen den beiden Ex-Fußball-Funktionären aufrollen - von der Entstehung eines Bündnisses zwischen ihnen über ihre wachsende Rivalität bis zu ihrer Ächtung in der Fußball-Welt. Laut Staatsanwaltschaft hat Platini 2011 "illegal zum Schaden der Fifa eine Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken" (1,8 Millionen Euro) erhalten.
Anklage und Verteidigung stimmen darin überein, dass Platini zwischen 1998 und 2002 einen Beratervertrag mit Blatter während dessen erster Amtszeit als Fifa-Präsident hatte. 1999 unterzeichneten die beiden einen Vertrag, der für Platini eine jährliche Bezahlung von 300.000 Schweizer Franken vorsah, die vollständig von der Fifa bezahlt wurden. Uefa-Chef wurde Platini erst einige Jahre später.
Laut Staatsanwaltschaft machte Platini aber im Januar 2011, also "mehr als acht Jahre nach dem Ende seiner Beratertätigkeit", einen Außenstand von zwei Millionen Euro gegenüber der Fifa geltend. Die Auszahlung dieser Summe für seine frühere Beratertätigkeit sei "ohne Grundlage" erfolgt, erklärt die Anklage. Dabei seien die internen Kontrollen der Fifa "arglistig" durch Lügen der beiden Angeklagten umgangen worden.
Blatter und Platini versichern, sie hätten von Anfang an ein Jahresgehalt für den früheren französischen Fußball-Nationalspieler in Höhe von einer Million Franken vereinbart - allerdings mündlich und ohne Zeugen. Die Finanzlage der Fifa habe aber keine direkte Auszahlung dieser Summe an Platini erlaubt.
Die Fifa tritt in dem Prozess als Zivilklägerin auf. Sie fordert nach Angaben ihrer Anwältin Catherine Hohl-Chirazi die zwei Millionen Franken zurück "für den einzigen Zweck, für den es gedacht war: Fußball".
Blatter hatte 2015 wegen diverser Skandale als Fifa-Präsident zurücktreten müssen. Von seinem Verband wurde er für mehrere Jahre gesperrt. Platini, der als einer der besten Fußballspieler aller Zeiten gilt, war von 2007 bis 2015 Uefa-Chef und hatte Blatter als Fifa-Präsident beerben wollen. Aber auch er wurde wegen der dubiosen Zahlung von der Fifa für Tätigkeiten im Fußball für acht Jahre gesperrt, der Internationale Sportgerichtshof (CAS) verringerte die Strafe schließlich auf vier Jahre.
Sowohl die Fifa als auch die Uefa haben ihren Sitz in der Schweiz. Die Ermittlungen gegen Blatter und Platini hatten 2015 begonnen. Der Prozess soll bis zum 22. Juni dauern. Am 8. Juli wollen die drei Richter ihr Urteil verkünden.
(N.Lambert--LPdF)