Trump verbreitete Wahlbetrugsvorwürfe trotz Warnungen von Mitarbeitern
Der frühere US-Präsident Donald Trump hat nach seiner Wahlniederlage 2020 trotz des Widerspruchs enger Mitarbeiter die Falschbehauptung von massivem Wahlbetrug verbreitet. Bei den öffentlichen Anhörungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Erstürmung am 6. Januar 2021 wurde am Montag eine auf Video aufgezeichnete Aussage von Trumps früherem Justizminister Bill Barr vorgespielt. "Ich habe ihm gesagt, dass das verrücktes Zeug ist", sagte Barr darin über die Wahlbetrugsvorwürfe. Trump habe aber offenbar "den Bezug zur Realität verloren".
Trumps damaliger Wahlkampfchef Bill Stepien sagte in einer ebenfalls auf Video vorgespielten Aussage vor dem U-Ausschuss, er habe dem Amtsinhaber in der Wahlnacht vom 3. November 2020 vergeblich davon abgeraten, sich voreilig zum Sieger auszurufen. "Er hat gedacht, dass ich falsch liege, das hat er mir gesagt, und dass sie in eine andere Richtung gehen würden", sagte Stepien.
Die republikanische Abgeordnete Liz Cheney, die dem U-Ausschuss angehört, sagte, Trump habe in der Wahlnacht nicht auf Stepien gehört, sondern auf seinen "anscheinend betrunkenen" Anwalt Rudy Giuliani, den früheren Bürgermeister von New York. "Trumps Wahlkampf-Rechtsteam wusste, dass es kein legitimes Argument - Betrug oder Unregelmäßigkeiten oder irgendetwas gab - um die Wahl zu kippen."
Trump hatte sich in der Nacht zum 4. November 2020 zum Sieger der Präsidentschaftswahl gegen den Demokraten Joe Biden erklärt und zugleich Wahlbetrugsvorwürfe erhoben. Schon Monate vorher, im April 2020, hatte der Rechtspopulist erklärt, er könne die Wahl nur durch massiven Wahlbetrug verlieren.
Die Demokraten bezeichnen das als "Big Lie" (Große Lüge), die letztlich zum Angriff radikaler Trump-Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 geführt habe. "Donald Trump hat die Wahl verloren - und er wusste, dass er die Wahl verloren hat - und hat wegen dieser Niederlage entschieden, einen Angriff auf unsere Demokratie zu starten", sagte der Vorsitzende des U-Ausschusses, der Demokrat Bennie Thompson, am Montag.
Hunderte Trump-Anhänger hatten das Kapitol gestürmt, als dort Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl zertifiziert werden sollte. Die Ausschreitungen mit fünf Toten sorgten weltweit für Entsetzen. Insbesondere Bidens Demokraten gehen davon aus, dass es eine koordinierte Kampagne gab, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen und Trump im Weißen Haus zu halten.
Die neun Mitglieder des Untersuchungsausschusses - sieben Demokraten und zwei Republikaner - hatten vor knapp einem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Seitdem sichteten sie rund 140.000 Dokumente und befragten mehr als tausend Zeugen. Vergangene Woche begann das Gremium mit einer Serie öffentlicher Anhörungen.
Anderthalb Jahre nach dem Sturm auf das Kapitol sind Millionen von Trumps Anhängern immer noch fest davon überzeugt, dass die Wahl im Jahr 2020 von Wahlbetrug geprägt war. Bislang wurden aber keinerlei Beweise präsentiert, vielmehr werden vorgetragene Vorwürfe regelmäßig widerlegt und entkräftet.
(F.Moulin--LPdF)