Zahl der Todesopfer bei Protesten im Iran erhöht sich auf elf
Bei den Protesten im Iran nach dem Tod einer von der Sittenpolizei festgenommenen jungen Frau sind nach iranischen Medienberichten bisher elf Menschen ums Leben gekommen, darunter auch vier Sicherheitskräfte. Die Führung in Teheran reagierte auf die seit Tagen andauernden Demonstrationen mit Einschränkungen des Internets und des Zugangs zu den Online-Netzwerken Whatsapp und Instagram. "Nach einem Beschluss der Verantwortlichen" sei die Nutzung von Instagram im Iran seit Mittwochabend nicht mehr möglich, berichtete die Nachrichtenagentur Fars am Donnerstag. Auch der Zugang zu Whatsapp sei gestört.
Der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini hatte im Iran eine landesweite Welle der Empörung und Proteste ausgelöst. Die junge Frau war vor einer Woche in der Hauptstadt Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie das islamische Kopftuch offenbar nicht entsprechend der strikten Regeln im Iran trug. Sie brach unter ungeklärten Umständen auf der Polizeiwache zusammen und starb drei Tage später im Krankenhaus. Laut Polizei hatte Amini einen Herzanfall. Menschenrechtsaktivisten zufolge erlitt sie einen tödlichen Schlag auf den Kopf.
Seitdem gab es laut iranischen Staatsmedien in etwa 15 iranischen Städten Proteste, darunter in Teheran, Isfahan und Schiras. Auf Videos in den Online-Netzwerken ist zu sehen, wie Demonstrantinnen teils ihre Verschleierung abnehmen und sie verbrennen oder ihr Haar vor einer jubelnden Menschenmenge abschneiden.
Der Zugang zu den Internet-Netzwerken ist nun allerdings noch schwieriger als zuvor geworden. Mit Instagram und Whatsapp sind die beiden meistbenutzten Apps im Iran blockiert, nachdem das Land in den vergangenen Jahren schon viele andere Plattformen wie Facebook, Twitter oder Telegram eingeschränkt hatte. Die Internetverbindungen sind schon seit Beginn der Proteste deutlich verlangsamt.
Wie die iranischen Nachrichtenagenturen berichteten, sind in den vergangenen sechs Protestnächten insgesamt elf Menschen ums Leben gekommen. Drei Paramilitärs seien erstochen oder erschossen worden, nachdem sie mobilisiert worden seien, "um sich den Randalierern entgegenzustellen". Zu den Todesfällen kam es demnach in Maschhad im Nordosten, in Kaswin im Zentrum des Landes und in Tabris im Nordwesten. Eine vierte Sicherheitskraft sei in der im Süden gelegenen Stadt Schiras gestorben.
In Kaswin starb demnach auch einer der Protestteilnehmer. Offizielle iranische Quellen hatten zuvor den Tod von sechs Demonstrierenden bestätigt, davon vier in Mahsa Aminas Heimatregion Kurdistan. Zwei weitere Menschen starben in Kermanschah, einer Provinz mit ebenfalls großer kurdischer Bevölkerung. Die iranischen Behörden haben eine Verantwortung für die Todesfälle unter den Demonstrierenden zurückgewiesen.
Mahmud Amiri Moghaddam, Direktor der Organisation Iran Human Rights (IHR) in Oslo, sagte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, die Proteste könnten "vielleicht der Anfang einer großen Veränderung" im Iran sein. "Wir verfolgen die Situation der Menschenrechte und die Demonstrationen im Iran seit 15 Jahren und ich habe die Menschen noch nie so wütend gesehen", sagte der Menschenrechtsaktivist.
Politiker aus westlichen Ländern hatten den Iran in den vergangenen Tagen zu einem Wandel aufgerufen. US-Präsident Joe Biden zeigte sich am Mittwoch mit den iranischen Frauen solidarisch: "Heute stehen wir hinter den mutigen Bürgern und den mutigen Frauen des Iran, die in diesem Augenblick demonstrieren, um ihre Grundrechte zu sichern", sagte Biden bei der UN-Generaldebatte in New York. Zuvor hatte der iranische Präsident Ebrahim Raisi dem Westen vorgeworfen, bei Frauenrechten mit "zweierlei Maß" zu messen.
(R.Dupont--LPdF)