Karlsruhe verhandelt über die Förderung parteinaher Stiftungen
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat sich am Dienstag mit der Finanzierung politischer Stiftungen befasst. Es verhandelte über eine Organklage der AfD, die wegen fehlender staatlicher Zuschüsse für die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung ihr Recht auf Chancengleichheit verletzt sieht. Im Zentrum der Verhandlung stand die Frage, ob die Unterstützung für politische Stiftungen in einem eigenen Gesetz geregelt werden muss. (Az. 2 BvE 3/19)
Derzeit gibt es kein solches Finanzierungsgesetz. Über die Stiftungsförderung entscheidet der Bundestag im Rahmen der Haushaltsberatungen. Vertreter der Stiftungen erklären dem Haushaltsausschuss ihre Arbeit und den von ihnen geschätzten Finanzbedarf. An diesen informellen "Stiftungsgesprächen" sei die Desiderius-Erasmus-Stiftung aber trotz einer entsprechenden Bitte an die anderen Stiftungen nicht beteiligt worden, erläuterte Gerichtsvizepräsidentin Doris König in ihrer Einführung.
Die so genannten Globalzuschüsse betrugen für dieses Jahr insgesamt 148 Millionen Euro, die je nach Fraktionsstärke im Bundestag auf die SPD, CDU, CSU, Grünen, FDP oder Linkspartei nahestehenden Stiftungen verteilt wurden. Hinzu kommen einige Hundert Millionen Euro an sonstigen Zuschüssen für konkrete Projekte etwa aus dem Bildungsbereich oder im Ausland.
Der Bundestag orientiert sich bei den Globalzuschüssen auch an einer gemeinsamen Erklärung der etablierten politischen Stiftungen von 1998. Demnach werden Stiftungen gefördert, wenn die ihnen nahestehende Partei mindestens zweimal hintereinander in den Bundestag einzieht. Im Haushaltsgesetz 2022 wurde außerdem festgelegt, dass nur solche Stiftungen Zuschüsse bekommen sollen, die für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten.
In Karlsruhe wendet sich die AfD nun sowohl gegen Entscheidungen zu den Globalzuschüssen aus früheren Jahren als auch gegen die für 2022. Es sei "absurd", dass andere Fraktionen sich "anmaßten, Richter zu spielen" über die Verfassungsmäßigkeit von Stiftungen, sagte AfD-Vize Peter Boehringer vor der Verhandlung in Karlsruhe.
Schon die Stiftung selbst hatte sich an das Bundesverfassungsgericht gewandt, ihre Verfassungsbeschwerde wurde aber nicht zur Entscheidung angenommen. Karlsruhe erklärte 2019, dass die Stiftung zunächst vor den Verwaltungsgerichten klagen müsse. Das tat sie auch, scheiterte aber im August dieses Jahres vor dem Verwaltungsgericht Köln mit ihrer Klage auf Bundesförderung für die Jahre 2018 bis 2021.
In Karlsruhe ging es nun um den Rechtsstreit, den die Partei anstrebte. Sie sieht sich zumindest mittelbar im Nachteil: Die Stiftung und über sie die AfD würden "von den Konkurrenzparteien und der Bundesregierung seit 2018 systematisch benachteiligt", erklärten die Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel.
Die FDP forderte vor der Verhandlung, staatliche Zuschüsse für die Desiderius-Erasmus-Stiftung per Gesetz zu verhindern. Parlamentsgeschäftsführer Stephan Thomae plädierte im Redaktionsnetzwerk Deutschland für "ein Stiftungsgesetz mit festen Kriterien". Auch mehrere andere Stiftungen und Initiativen forderten ein Stiftungsgesetz.
Das Bundesverfassungsgericht will nun entscheiden, ob es ein Recht auf "gleichheitsgerechte Stiftungsförderung" gibt, kündigte König an. Am Dienstagvormittag wurden in Karlsruhe zunächst Vertreterinnen und Vertreter von anderen politischen Stiftungen befragt, die Einblicke in ihre Arbeit und ihre Finanzen gaben.
Sie betonten, dass sie Distanz von den Parteien hielten und beispielsweise keinen Wahlkampf betrieben. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung etwa verstehe sich als "autonomer, eigenständiger Akteur einer breiten gesellschaftlichen Strömung", sagte ihre Geschäftsführerin Sabine Fandrych.
Im Jahr 1986 hatte das Bundesverfassungsgericht auf eine Klage der Grünen hin grundsätzlich entschieden, dass parteinahe Stiftungen staatlich gefördert werden dürfen - wenn sie von den Parteien rechtlich und tatsächlich unabhängig seien. Eine solche Förderung solle "alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik" angemessen berücksichtigen.
Zur aktuellen AfD-Klage wollte der Zweite Senat in Karlsruhe am Dienstag noch kein Urteil fällen. Die Entscheidung wird voraussichtlich in einigen Monaten verkündet.
(P.Toussaint--LPdF)