US-Richter: Songtexte können als Beweis in Prozess gegen Rapper verwendet werden
Im Prozess gegen den US-Rapper Young Thug wegen mutmaßlicher Gang-Zugehörigkeit dürfen Songtexte des 32-Jährigen als Beweismittel verwendet werden. Das entschied ein Richter der Großstadt Atlanta im Südstaat Georgia am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft müsse aber einen Zusammenhang zwischen den Rap-Texten und den konkreten Verbrechen herstellen, die Young Thug und den anderen Angeklagten zur Last gelegt werden, urteilte Richter Ural Glanville.
Demnach will der Richter 17 Teile von Rap-Texten bei dem Prozess zulassen. Außerdem könnten zusätzliche Verse als Beweismittel zugelassen werden, wenn die Staatsanwaltschaft einen Zusammenhang zu Straftaten herstellen kann.
Der als Jeffery Williams geborene Young Thug - bekannt unter anderem für den Hit "Havana" mit Camila Cabello aus dem Jahr 2017 - war im Mai 2022 als eines von 28 mutmaßlichen Mitgliedern einer Straßengang in Atlanta angeklagt worden. Den Angeklagten werden unter anderem Mord, Körperverletzung, Autodiebstahl und Drogenhandel zur Last gelegt, außerdem der übergreifende Straftatbestand der organisierten Kriminalität.
Die Staatsanwaltschaft argumentiert, Young Thugs Plattenlabel YSL (Young Stoner Life Records), das Hip Hop und Trap verbreitet, sei in Wirklichkeit der Deckmantel für eine Straßengang mit dem Namen Young Slime Life, ebenfalls YSL abgekürzt. Die Verteidigung beteuert, Young Stoner Life Records sei nur ein loser Zusammenschluss von Künstlern und keine Gang.
Die Frage, ob Songtexte, in denen es um mutmaßliche Verbrechen geht, als Beweismittel herangezogen werden können, ist umstritten. Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen die Kunstfreiheit, durch den insbesondere schwarze Musiker kriminalisiert würden.
Bei einer Gerichtsanhörung in Atlanta sagte Staatsanwalt Mike Carlson am Mittwoch, die Rap-Texte seien Schuldeingeständnisse "in der Form von Lyrik". Staatsanwältin Simone Hylton las Teile der Rap-Songs vor und sagte, darin würden Gewalttaten wie Schüsse auf Mitglieder einer rivalisierenden Gang und Gewalt gegen Polizisten verherrlicht.
Die Verteidigung argumentierte dagegen, bei den Texten handele es sich um Fiktion. Rap sei die einzige Kunstform, die so behandelt werde, sagte Anwalt Doug Weinstein. Sollten die Rap-Texte als Beweismittel genutzt werden, würden die Geschworenen die Angeklagten sofort als schuldig ansehen.
Der Prozess soll Ende November beginnen. Er findet vor dem gleichen Gericht statt, vor dem auch Ex-US-Präsident Donald Trump wegen seiner Versuche angeklagt wurde, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 in Georgia zu kippen und sich damit an der Macht zu halten. Auch das Gesetz im Kampf gegen organisierte Kriminalität, das gegen Young Thug angewendet wird, ist Teil der Anklage gegen Trump und die anderen Angeklagten in dem Verfahren.
(C.Fournier--LPdF)