Spiegel weist Vorwürfe wegen Umgangs mit Flutkatastrophe zurück
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hat Vorwürfe bestritten, wonach es ihr am Morgen nach der Flutkatastrophe im rheinland-pfälzischen Ahrtal mit 134 Toten vor allem um ihr eigenes Image gegangen sein soll. "Ich weise den Vorwurf, dass ich eine andere Priorität hatte, als die Menschen vor Ort zu unterstützen, entschieden zurück", sagte die damalige Landesumweltministerin am Freitagabend im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Mainzer Landtag.
Die gesamte Kommunikation innerhalb des Ministeriums in den Tagen und Wochen nach der Flut habe sich darum gedreht, wie Menschen vor Ort geholfen werden könne.
Am Mittwoch waren interne Chatprotokolle bekannt geworden, die den Eindruck erwecken, dass es Spiegel am Morgen nach der Flut weniger um Hilfe für die Betroffenen als um ihr eigenes Image gegangen sei. Zudem sei sie am Abend telefonisch nicht mehr erreichbar gewesen. Die genannten SMS habe es gegeben, sie seien jedoch nur ein Ausschnitt aus "tausenden Seiten Kommunikation", die es in den Tagen danach gegeben habe, sagte Spiegel.
Sie war nach Angaben ihres ehemaligen Staatssekretärs Erwin Manz am Abend der Flut länger erreichbar als bislang bekannt. Nach einem vergeblichen Versuch seinerseits um 22.34 Uhr habe ihn die damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin zurückgerufen. "Wir standen im Austausch miteinander", ergänzte er. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Landkreise erste Katastrophenmeldungen herausgegeben.
Manz erklärte, Spiegel sei bei Anrufen "immer zuverlässig" gewesen. Sie habe sich immer sofort zurückgemeldet. Der genannte Rückruf sei aber in den Einzelverbindungen von Manz' Handy nicht aufgelistet, wandte der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD) ein. Manz verwies darauf, dass auch noch weitere Rückrufe in seinem Handy nicht mehr sichtbar gewesen seien. Diese Aussage von Manz bestätigte Spiegel später. In der Flutnacht habe sie bis etwa 02.00 Uhr morgens mit verschiedenen Menschen telefoniert, sagte sie am Freitagabend.
Nach Angaben von Manz und Spiegel funktionierte die Meldekette im Vorfeld der Flut. Das Ministerium sei jedoch nicht Teil der Meldekette, sagte Spiegel. Die notwendigen Maßnahmen abzuleiten sei Aufgabe des Katastrophenschutzes vor Ort. "Es gab keinen Anlass, in funktionierende Abläufe einzugreifen", sagte sie. Alle Beteiligten hätten gewissenhaft gearbeitet. Die Weitergabe der Informationen habe jederzeit funktioniert.
Manz führte aus, dass die Verbreitung von Informationen bei Hochwassern über festgelegte Meldewege funktioniere. "Ich hatte den Eindruck, dass das genau geschehen ist." Es sei Aufgabe der Landkreise, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Mehrere Unionspolitiker forderten unterdessen Spiegels Rücktritt als Bundesfamilienministerin. "Wer sich in einer existenziellen Krise mehr um das eigene Image, um das Wording und um das Gendern kümmert, als um Warnung und Hilfe für die Bevölkerung, der wird gerade jetzt zu einer immensen Belastung für die Bundesregierung", sagte CSU-Generalsekretär Stephan Mayer der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe).
Spiegel sei eine "Fehlbesetzung", sagte CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger. "Sie hat bisher inhaltlich nichts geleistet - und jetzt holt sie auch noch ihr Versagen in der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz ein."
Starke Regenfälle hatten Mitte Juli katastrophale Überschwemmungen an Flüssen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im Ahrtal, wurden verwüstet. In Rheinland-Pfalz kamen im Zusammenhang mit dem Hochwasser 134 Menschen ums Leben. In Nordrhein-Westfalen gab es 48 Tote.
(V.Castillon--LPdF)