Nato will dauerhaft mehr Truppen in Osteuropa stationieren
Zur Abschreckung Russlands will die Nato dauerhaft mehr Truppen in den östlichen Mitgliedsländern stationieren. Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Mittwoch nach einem Sondertreffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel, nötig seien "erheblich mehr Truppen im östlichen Teil der Allianz mit höherer Bereitschaft". Der polnische Vorstoß für eine "Friedensmission" der Nato in der Ukraine scheiterte unter anderem am Widerstand Deutschlands.
"Die Verbündeten sind sich einig, dass die Nato keine Land- oder Luftstreitkräfte in die Ukraine entsenden sollte", sagte Stoltenberg nach dem Nato-Rat, an dem auch der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow per Videoschalte teilnahm. Das Mitgliedsland Polen hatte zuvor für einen Einsatz nach Vorbild des Kosovo plädiert.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) warnte vor einem "Flächenbrand", sollte die Nato direkt militärisch in den Konflikt mit Russland eingreifen. Auch andere Nato-Länder wie die Niederlande und Großbritannien äußerten sich im Brüsseler Hauptquartier skeptisch.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich nach Regierungsangaben ebenfalls gegen eine solche "Friedensmission" aus. Der Kanzler sei sich mit Frankreich und den USA einig, dass es "keine Nato-Soldaten" in der Ukraine geben dürfe, betonte ein Sprecher. Am Donnerstag empfängt Scholz Stoltenberg in Berlin.
Offen ist die Bundesregierung dagegen für eine Erhöhung der Nato-Truppenstärke in den östlichen Mitgliedsländern in den kommenden Jahren. "Auch wenn es bisher keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Bündnisgebiet angegriffen wird, so können wir das nicht gänzlich ausschließen, und wir müssen vorbereitet sein", sagte Verteidigungsministerin Lambrecht.
Über die Größenordnung bestehe aber noch Diskussionsbedarf, betonte die SPD-Politikerin. Nach Stoltenbergs Angaben beauftragten die 30 Nato-Staaten die Militärführung unter US-General Tod Wolters mit der Ausarbeitung konkreter Pläne.
Nach Angaben des Nato-Generalsekretärs sind derzeit "hunderttausende Soldaten" der Bündnisländer in erhöhter Alarmbereitschaft. Dazu zählen rund 40.000 Soldaten der Nato-Eingreiftruppe Nato Response Force (NRF). Die USA hatten ihre Truppenstärke in Europa demnach zuletzt auf 100.000 erhöht.
Die USA und andere Länder wollen ungeachtet der russischen Drohungen mit Vergeltung ihre Waffenlieferungen an die Ukraine fortsetzen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin betonte in Brüssel, sein Land unterstütze die Ukraine bei der Landesverteidigung, "und wir werden sie auch in Zukunft unterstützen".
US-Präsident Joe Biden wollte nach Angaben aus dem Weißen Haus noch am Mittwoch weitere "Sicherheitshilfen" für Kiew über 800 Millionen Dollar (730 Millionen Euro) ankündigen. Zuletzt hatte Washington der Ukraine unter anderem Stinger-Raketen, sowie Panzerabwehr- und Radarsysteme geliefert.
Biden wird am Donnerstag der kommenden Woche zu einem Nato-Sondergipfel in Brüssel erwartet. Als Gast will er am gleichen Tag auch an dem regulären EU-Gipfel teilnehmen.
Vor dem Nato-Hauptquartier demonstrierten nach Angaben eines AFP-Fotografen rund 50 Aktivisten für die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine und für eine von der Nato kontrollierte Flugverbotszone. "Wenn die Ukraine fällt, werden Nato-Verbündete als nächstes an der Reihe sein", warnte die Gruppe Promote Ukraine auf Facebook.
(A.Monet--LPdF)