Russische TV-Journalistin will nach Protestaktion in Heimat bleiben
Nach ihrer Aufsehen erregenden Protestaktion im russischen Fernsehen gegen den Ukraine-Krieg hat die russische Journalistin Marina Owsjannikowa angekündigt, in ihrem Heimatland bleiben zu wollen. "Ich will unser Land nicht verlassen", sagte Owsjannikowa in einem am Mittwochabend veröffentlichten Interview mit dem "Spiegel" mit Blick auf ein Asylangebot von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
"Ich bin Patriotin, mein Sohn ein noch viel größerer", hob die Fernsehjournalistin in dem Interview hervor. "Wir wollen auf keinen Fall weg, nirgendwo hin auswandern." Allerdings habe ihr offener Protest gegen den Ukraine-Krieg ihr Leben grundlegend verändert. "Ich bin jetzt der Feind Nummer Eins hier", sagte die 43-Jährige, die sich nach eigenen Angaben derzeit bei Freunden "versteckt" hält. "Ich spüre großen Stress, der wird anhalten", schilderte sie ihre Verfassung.
Owsjannikowa hatte am Montagabend während einer Live-Nachrichtensendung des Senders Perwy Kanal ein Protestplakat gegen Krieg und Lügenpropaganda in die Kamera gehalten. Darauf stand: "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen." Anschließend wurde sie festgenommen. Owsjannikowa wurde zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (rund 250 Euro) verurteilt. Nach Angaben ihres Anwalts drohen ihr aber weiterhin ein Strafverfahren und eine lange Haftstrafe.
Im "Spiegel"-Interview schilderte Owsjannikowa, sie habe vor der Protestaktion ihre Arbeit begonnen wie an jedem anderen Tag. Sie habe im Studio beobachtet, wo genau die Kameras stehen, wie sie sich bewegen, wo sie sich hinstellen könne. "Ich hatte große Angst, am Ende könnte alles umsonst sein, wenn mich keiner zu sehen bekäme", sagte die Journalistin.
Dann sei sie schnell ins Studio gelaufen: "An dem Polizisten vorbei, der immer Dienst hat bei uns." Der habe nicht mehr reagieren können. Nach der Aktion sei sie schnell wieder zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt und habe gewartet, sagte die Journalistin. "Dann kamen viele Chefs zu mir – alle fragten: 'Waren Sie das?' Keiner wollte das so recht glauben."
Owsjannikowa sagte dem "Spiegel", ihr Sohn habe ihr vorgeworfen, sie habe das Leben "von uns allen zerstört". "Es kann alles passieren", sagt sie. "Ich habe den Punkt überschritten, an dem es kein Zurück mehr gibt."
Anfang März hatte Russlands Präsident Wladimir Putin ein Gesetz unterzeichnet, das drakonische Haftstrafen bei "Falschinformationen" über die russische Armee vorsieht. Außerdem wurden haben die russischen Behörden seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine den Zugang zu Online-Medien und Online-Netzwerken massiv eingeschränkt.
(L.Chastain--LPdF)