Europäische Gerichtshof für Menschenrechte setzt Verfahren gegen Russland aus
Nach dem endgültigen Ausschluss Russlands aus dem Europarat hat der zu ihm gehörende Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) alle Verfahren gegen Russland vorerst ausgesetzt. Zunächst müssten die "rechtlichen Konsequenzen" des Ausschlusses geprüft werden, teilte das Gericht in Straßburg am Mittwoch mit. Nach Angaben des Gerichts vom Januar wurden 24 Prozent der rund 70.000 beim EGMR anhängigen Verfahren von Russen angestrengt.
Wegen Russlands Einmarsch in der Ukraine hatte der Europarat, der sich als Hüter der Menschenrechte versteht und dem nunmehr 46 Länder angehören, Russlands Mitgliedschaft zunächst suspendiert. Dadurch wurde die Teilnahme russischer Diplomaten und Delegierter an den wichtigsten Gremien der europäischen Organisation ausgesetzt.
Russland gab am Dienstag seinen Austritt aus dem Europarat nach 26 Jahren Mitgliedschaft bekannt und kam damit einem Beschluss der übrigen Mitgliedstaaten zuvor. Dieser wurde am Mittwoch vom Ministerkomitee des Europarats gefällt. Am Nachmittag wurde die russische Flagge vor dem Europaratsgebäude in Straßburg entfernt. Russland gehört nun nicht länger zu den Unterzeichnerstaaten der europäischen Menschenrechtskonvention und seine Bürger können sich nicht mehr an den EGMR wenden.
Für den Fall eines Ausscheidens seines Landes aus dem Europarat hatte der frühere Ministerpräsident und heutige Vize-Chef des nationalen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, eine Wiedereinführung der Todesstrafe in Russland ins Gespräch gebracht. Der Verzicht auf die Todesstrafe ist Grundvoraussetzung für eine Europaratsmitgliedschaft.
(R.Lavigne--LPdF)