Senf-Hersteller berichten von Versorgungsproblemen wegen des Ukraine-Kriegs
In Deutschland könnte ab dem Herbst Senf knapp werden. Fast 80 Prozent der hierzulande importierten Senfsaaten kämen aus Russland und der Ukraine, schon jetzt sei eine Rohstoffverknappung festzustellen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes Kulinaria, Markus Weck, der "Welt" vom Montag. In den kommenden Wochen und Monaten werde sich diese Verknappung weiter verschärfen, fürchtet er. Der Verband vertritt rund 130 Unternehmen, die unter anderem Senf herstellen.
Die Vorräte in den Silos der Hersteller reichten je nach Unternehmen noch für einige Wochen oder Monate. Schwierig werde es dann aber in der zweiten Jahreshälfte 2022 und im ersten Halbjahr 2023. "Die Aussaat muss in den kommenden beiden Wochen passieren", sagte der Verbandschef der Zeitung.
Zwar werden Senfsaaten auch regional in Deutschland angebaut. Das Volumen sei allerdings überschaubar, sagte Weck weiter. Franz Wunderlich, Inhaber des Regensburger Senfherstellers Händlmaier, bestätigte der "Welt", er arbeite zwar auch mit deutschen Landwirten zusammen, "aber die Mengen reichen bei weitem nicht aus für unsere Senfproduktion".
Nächstgrößter Anbieter hinter Russland und der Ukraine ist Kanada. Händlmaier sagte: "Wir haben per Luftfracht noch kurzfristig kanadische Senfkörner bekommen, allerdings zu den höchsten Preisen, die wir je für Rohware bezahlt haben." Mittlerweile funktioniere auch das nicht mehr. "Aktuell gibt es auf dem Weltmarkt keine Senfkörner mehr zu kaufen." Händlmaier stelle daher die ersten Maschinen ab: "Wir reduzieren unsere Senf-Produktion und können dadurch voraussichtlich bis August lieferfähig bleiben."
Nach Angaben von Kulinaria wurden in Deutschland im Jahr 2020 insgesamt 38.320 Tonnen Senfkörner importiert, davon 51,9 Prozent aus Russland, 27,6 Prozent aus der Ukraine und 10,2 Prozent aus Kanada. Vier Prozent der Senfkörner stammten aus Estland und 6,4 Prozent aus sonstigen Staaten. Produziert wurden hierzulande knapp 81.000 Tonnen Senf im Wert von rund 167 Millionen Euro; der Pro-Kopf-Verbrauch lag bei 805 Gramm.
(V.Blanchet--LPdF)