Vor Bundestagsdebatte bleiben Positionen zur Impfpflicht kontrovers
Vor der ersten Debatte im Bundestag über die Einführung einer Corona-Impfpflicht haben Befürworter und Kritiker erneut ihre Positionen deutlich gemacht. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte am Dienstag in Berlin, sie halte die allgemeine Impfpflicht zum Schutz vulnerabler Gruppen für sinnvoll. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus drängte erneut auf ein Impfregister.
Im Bundestag steht am Mittwoch zunächst eine sogenannte Orientierungsdebatte auf der Tagesordnung. Danach wollen Abgeordnete mehrere Gruppenanträge vorlegen, über die im Februar und März weiter beraten werden soll. Zur Debatte stehen bislang eine Impfpflicht für alle Erwachsenen, die für eine Impfung in Frage kommen, ein Nein zur Impfpflicht sowie ein Modell, dass eine Impfpflicht für alle Menschen ab 50 Jahren vorsieht.
Haßelmann begrüßte angesichts der Bedenken gegen die Impfpflicht in Teilen der Bevölkerung, dass es draüber eine breite Debatte geben solle. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) drängte im Portal "t-online.de" auf eine Impfpflicht für alle ab 18, da sonst der Anteil der Geimpften zu gering bleibe, um die Pandemie zu überwinden. "Wir müssen eine Impfquote von weit über 90 Prozent erreichen", sagte die Grünen-Politikerin.
Brinkhaus forderte beim Thema Impfpflicht erneut eine Vorgabe durch die Bundesregierung. Zur Meinungsbildung in seiner eigenen Fraktion äußerte er sich in Berlin nicht, stellte aber klar, CDU und CSU würden für die Ampel-Regierung "nicht Stützfraktion sein". Auf jeden Fall sei ein Impfregister notwendig.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr verwies darauf, dass es in seiner Fraktion unterschiedliche Positionen zur Impfpflicht gebe. Deren Vertreterinnen und Vertreter würden am Mittwoch auch jeweils in der Debatte zu Wort kommen. Die Impfpflicht sei eine schwierige "medizinethische Frage, die von allen Seiten abzuwägen ist". Dürr mahnte die Union, sich an der inhaltlichen Debatte zu beteiligen.
Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali ging auf Distanz zu einer Impfpflicht. Es müssten die Erfahrungen mit der aktuellen Omikron-Variante berücksichtigt werden, sagte sie in Berlin. "Um das Infektionsgeschehen wirksam einzudämmen, wirkt die Impfung nicht so effektiv", gab sie zu bedenken. Allerdings bleibe es gleichwohl wichtig, die Impfquote zu erhöhen.
Ethikrat-Mitglied Franz-Josef Bormann plädierte für eine altersbezogene Regelung: Eine nach Risiko gestaffelte Impfpflicht - also zum Beispiel eine Impfpflicht ab 50 Jahren - lasse sich "ethisch leichter begründen als eine allgemeine Impfpflicht", sagte Bormann der "Rheinischen Post". Bei einer allgemeinen Impfpflicht stelle sich "schnell die Frage nach der Verhältnismäßigkeit".
Dagegen unterstützte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie die allgemeine Impfpflicht für alle Erwachenen. Diese sei nach Einschätzung vieler Expertinnen und Experten "der Weg aus der Pandemie". Daher sei sie richtig, "auch wenn sie für etliche Menschen einen harten Einschnitt bedeutet", erklärte Lilie.
Für eine allgemeine Impfpflicht haben sich wiederholt auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) ausgesprochen. Beide warben jedoch für eine freie Abstimmung im Parlament.
(R.Dupont--LPdF)