Sri Lankas Opposition lehnt Angebot des Präsidenten zur Regierungsbeteiligung ab
Inmitten zunehmender Proteste gegen die schwere Wirtschaftskrise in Sri Lanka hat die Opposition das Angebot einer Regierungsbeteiligung von Präsident Gotabaya Rajapaksa abgelehnt. Die Opposition wies die Einladung des Staatschefs am Montag als "unsinnig" zurück und forderte seinen Rücktritt. Zuvor war die Regierung bis auf Ministerpräsident Mahinda Rajapaksa geschlossen zurückgetreten, ebenso wie Zentralbankgouverneur Ajith Cabraal.
Unterdessen versuchte die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern tausende Demonstranten auf den Straßen auseinanderzutreiben. Selbst in Tangalle, der Hochburg des Rajapaksa-Clans, gingen tausende Menschen nach Angaben der Polizei am Montag aus Protest gegen die Familie auf die Straße. Derartige Kundgebungen wären in der ganz im Süden des Landes gelegenen Region bis vor kurzem undenkbar gewesen.
"Wir werden dieser Regierung nicht beitreten", sagte Eran Wickramaratne von der größten Oppositionspartei Samagi Jana Balawegaya (SJB). "Die Familie Rajapaksa muss zurücktreten." Ähnlich äußerte sich der Abgeordnete Abraham Sumanthiran von der Tamilischen Nationalen Allianz: "Sein Angebot, das Kabinett mit Abgeordneten der Opposition neu zu besetzen, ist unsinnig."
Präsident Rajapaksa hatte am Montag alle "politischen Parteien im Parlament eingeladen, Kabinettsposten zu übernehmen und sich an der Suche nach Lösungen für die nationale Krise zu beteiligen", wie sein Büro erklärte. Kurz darauf nahm Rajapaksa vier der scheidenden Minister wieder in das neue Kabinett auf. Drei erhielten ihre alten Posten zurück; den bisherigen Justizminister ernannte er an der Stelle seines Bruders Basil zum Finanzminister.
Sri Lanka mit seinen 22 Millionen Einwohnern leidet unter schwerwiegenden Engpässen bei lebenswichtigen Gütern, unter drastischen Preiserhöhungen und lähmenden Stromausfällen infolge des schmerzhaftesten wirtschaftlichen Abschwungs seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1948. Die Corona-Krise hat die Wirtschaftskrise in dem Land zusätzlich verschärft. Wirtschaftsexperten sind der Ansicht, dass die Situation durch die Misswirtschaft der Regierung, die jahrelange Anhäufung von Krediten und eine falsche Steuerpolitik verschlimmert wurde.
Nach zunehmenden Protesten hatte Präsident Rajapaksa am Freitag den landesweiten Ausnahmezustand ausgerufen. Gleichzeitig ließ er die Online-Netzwerke blockieren, über die sich die Demonstranten organisierten. Am Samstag verhängte die Polizei dann eine 36-stündige landesweite Ausgangssperre. Die Militärpräsenz wurde massiv ausgebaut, Soldaten erhielten Sondervollmachten. Dennoch gingen die landesweiten Proteste gegen den Präsidenten weiter.
Der Handel an der Börse des Landes wurde am Montag Sekunden nach der Eröffnung automatisch unterbrochen, nachdem die Aktien um mehr als fünf Prozent gefallen waren.
Nach Einschätzung von Beobachtern geht das Angebot einer Einheitsregierung nicht weit genug, um die Wirtschaftskrise zu bewältigen oder das Vertrauen in die Rajapaksa-Regierung wiederherzustellen. Nötig seien stattdessen tiefgreifende Reformen sowie eine Untersuchung der Entscheidungen von Staats- und Regierungsführung. "Das ist, als würde man die Liegestühle auf der 'Titanic' neu arrangieren", sagte der Politikexperte und Menschenrechtsanwalt Bhavani Fonseka der Nachrichtenagentur AFP. "Das ist ein Witz."
(F.Bonnet--LPdF)