Präsidenten-Stichwahl in Frankreich entscheidet über künftigen Kurs des Landes
In einer Richtungswahl bestimmen die Franzosen den künftigen Kurs ihres Landes: Knapp 49 Millionen Wähler waren am Sonntag aufgerufen, in der Stichwahl zwischen dem amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron und seiner rechtspopulistischen Herausforderin Marine Le Pen zu entscheiden. Vieles hängt nach Einschätzung von Beobachtern von der Höhe der Wahlbeteiligung ab. Der Ausgang dürfte auch Folgen für die Zukunft der EU haben.
Le Pen gab am Vormittag in ihrer nordfranzösischen Hochburg Henin-Beaumont ihre Stimme ab. Macron und seine Frau Brigitte gingen in Le Touquet am Ärmelkanal zur Wahl. Beide Kandidaten nutzten die Gelegenheit, nochmal mit Anhängern und Wählern zu sprechen.
Am Mittag lag die Wahlbeteiligung nach Angaben des Innenministeriums bei 26,41 Prozent. Sie war damit etwas höher als in der ersten Runde, lag aber fast zwei Prozentpunkte niedriger als vor fünf Jahren.
In den letzten Umfragen kam Macron auf 56,5 Prozent und lag damit rund zehn Prozentpunkte vor Le Pen. Er ist jedoch weit von seinem Ergebnis von 2017 entfernt, als beide Kandidaten schon einmal gegeneinander angetreten waren. Damals siegte er mit 66,1 Prozent zu 33,9 Prozent und wurde mit 39 Jahren der jüngste Präsident der Fünften Republik.
Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre wurde allgemein mit einer hohen Enthaltung gerechnet, zumal im Land Schulferien sind. Im ersten Wahlgang hatte sie 26,31 Prozent betragen. Analysten warnen, dass eine hohe Enthaltung den Abstand zwischen Macron und Le Pen verringern und damit zu einem "echten Risiko" für den liberalen Amtsinhaber werden dürfte.
Auch Macron und seine Verbündeten wiesen immer wieder darauf hin, dass die vielen Wähler, die 2016 in Erwartung eines klaren Ergebnisses in Großbritannien und den USA zu Hause geblieben waren, erst den Brexit und die Wahl von Donald Trump an die US-Staatsspitze ermöglicht hatten.
Sowohl für Frankreich als auch für Europa steht viel auf dem Spiel: Macron verspricht Reformen und eine stärkere EU-Integration, Le Pen will zahlreiche Ausländer abschieben und die Verfassung ändern, um Franzosen Vorrang bei Jobs und Sozialwohnungen einzuräumen - zudem plädiert sie für ein Europa der Nationalstaaten. Sollte sie siegen, könnte das in der EU ein ähnliches Erdbeben auslösen wie der Brexit.
Vieles dürfte bei dieser Wahl auch davon abhängen, wie sich die Anhänger des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon entscheiden, der im ersten Wahlgang nur knapp den Einzug in die Stichwahl verpasst hatte. Bei vielen von ihnen ist Macron so unbeliebt, dass sie nach eigenen Angaben lieber leere oder ungültige Stimmen abgeben oder gar nicht wählen wollten.
Mélenchon selbst hatte seine Anhänger nach der ersten Runde zwar aufgefordert, Le Pen "keine einzige Stimme zu geben"; gleichzeitig aber rief er sie bewusst nicht dazu auf, für Macron zu stimmen.
Die Wahllokale bleiben bis 19.00 Uhr geöffnet, in Großstädten bis 20.00 Uhr. In den französischen Überseegebieten wurde bereits am Samstag gewählt. Erste Hochrechnungen werden ab 20.00 Uhr erwartet.
(R.Dupont--LPdF)