Ukraine meldet mindestens neun Tote bei russischem Angriff auf Krankenhaus
Bei einem russischen Angriff auf ein Krankenhaus in der ukrainischen Grenzstadt Sumy sind nach ukrainischen Angaben mindestens neun Menschen getötet worden. Mindestens zwölf weitere Menschen wurden nach Angaben der örtlichen Behörden bei dem Angriff am Samstag verletzt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland vor, "Krieg gegen Krankenhäuser" zu führen, Regierungschef Denys Schmygal sprach von einem "weiteren Beweis für Russlands Kriegsverbrechen".
Laut Selenskyj wurde das Krankenhaus in der nahe der russischen Region Kursk gelegenen Stadt mit Schaded-Drohnen iranischer Bauart angegriffen. "Wer in der Welt über diesen Krieg spricht, muss beachten, was Russland angreift: Sie führen Krieg gegen Krankenhäuser, zivile Objekte und Menschenleben", erklärte er im Onlinedienst Telegram: "Nur Stärke kann Russland zum Frieden zwingen. Frieden durch Stärke ist der einzig richtige Weg."
Der ukrainische Präsident hatte gegenüber seinen westlichen Verbündeten in jüngster Zeit immer wieder nachdrücklich darum gebeten, auch Ziele tief im Landesinneren Russlands mit den vom Westen bereitgestellten Waffen mit höherer Reichweite angreifen zu dürfen. Bisher lehnen die westlichen Partner dies ab.
Der ukrainische Innenminister Igor Klymenko berichtete im Onlinedienst Telegram, Russland habe die Klinik in der Regionalhauptstadt Sumy zweimal beschossen. Der ukrainischen Staatsanwaltschaft zufolge befanden sich bei dem ersten Angriff am Morgen 86 Patienten und 38 Mitarbeiter in dem Krankenhaus.
Bei dem ersten Angriff habe es einen Toten gegeben, mehrere Stockwerke des Krankenhauses seien beschädigt worden, erklärte Klymenko. Das Krankenhaus habe daraufhin mit der Evakuierung von Patienten und Personal begonnen. Der Staatsanwaltschaft zufolge erfolgte der zweite Angriff knapp eine Stunde nach dem ersten. Beim Eintreffen von Rettungskräften und Polizei und noch während der laufenden Evakuierung "schlug der Feind erneut zu", schrieb Klymenko. Unter den sechs Toten sei auch ein Polizist, ein weiterer Polizist sei verletzt worden.
Ehrenamtliche Helfer berichteten ebenfalls, der zweite Angriff sei erfolgt, als Freiwillige am Krankenhaus eingetroffen waren, um bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Ein von den Helfern veröffentlichtes Video zeigte Menschen, die sich unter Sirenengeheul in Sicherheit brachten, dichte Rauchwolken und Explosionen. "Die Menschen liegen tot auf den Straßen", sagte ein Helfer. "Wir haben wie durch ein Wunder überlebt, als wir den Eingangsbereich des Gebäudes betraten."
Von den Behörden veröffentlichte Fotos zeigten den zerstörten Eingang des vierstöckigen Krankenhauses und das teilweise heruntergerissene Dach. Vor der Klinik lagen Leichensäcke auf dem Bürgersteig. Der Direktor des Krankenhauses sagte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der Aufnahmebereich, die Unfallchirurgie und der vierte Stock des Gebäudes seien zerstört worden.
Russland hat laut Erhebungen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch seit Beginn seines Angriffskrieges mindestens 1736 Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine angegriffen. Darunter waren ein Kinderkrankenhaus in Kiew im Juli und die Geburtsklinik von Mariupol, die im März 2022, einen Monat nach Kriegsbeginn, bombardiert wurde.
Insgesamt sei Sumy am Samstagmorgen von drei Drohnen angegriffen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Regionalen Behörden zufolge wurde neben dem Krankenhaus ein Wohnhaus angegriffen.
Sumy grenzt an die russische Region Kursk, in der die Ukraine im August eine Offensive gestartet hatte. Ein Ziel der Offensive war die Schaffung einer Pufferzone auf russischem Gebiet, um die ukrainische Bevölkerung vor Angriffen zu schützen. Moskau antwortete auf den Vorstoß mit Luftangriffen.
Auch aus weiteren ukrainischen Regionen wurden Angriffe gemeldet. Die ukrainische Luftwaffe fing laut eigenen Angaben in der Nacht zum Samstag 68 von 73 russischen Angriffsdrohnen in mehreren Regionen ab. Zudem seien zwei von vier russischen Raketen abgewehrt worden.
In der Stadt Krywyj Rih wurde laut Behörden ein viertes Opfer eines Raketenangriffs auf ein Polizeigebäude vom Freitag aus den Trümmern geborgen. In der teilweise russisch besetzten Region Cherson starben laut Behördenangaben zwei Menschen bei einem Angriff. In der Grenzregion Belgorod wurde den regionalen Behörden zufolge am Samstagmorgen ein Mensch durch einen Drohnenangriff getötet.
(A.Laurent--LPdF)