Erster Labour-Haushalt: Steuererhöhungen bei verbesserter Wirtschaftsprognose
Die britische Labour-Regierung hat für ihren ersten Haushalt seit ihrem Erdrutschsieg bei der Wahl im Juli Steuererhöhungen im Volumen von 40 Milliarden Pfund (knapp 48 Milliarden Euro) angekündigt. Ein Großteil davon solle durch Erhöhung des Arbeitgeberanteils für die Sozialversicherung aufgebracht werden, sagte Finanzministerin Rachel Reeves am Mittwoch. "Ich stelle die Stabilität der öffentlichen Finanzen wieder her und baue unsere öffentlichen Dienste wieder auf", versicherte sie.
Durch die erhöhten Arbeitgeberanteile will die Regierung 25 Milliarden Pfund an zusätzlichen Steuereinnahmen generieren, führte die Ministerin aus. Zudem sollen höhere Erbschaftsteuern Haushaltseinnahmen von zwei Milliarden Pfund bringen. Auch will die Regierung die Steuern auf Kapitalerträge auf maximal 24 Prozent erhöhen sowie Immobilieneigentum stärker besteuern.
Die Labour-Regierung hatte zuvor bereits angekündigt, die Mehrwertsteuer für Privatschulen zu erhöhen. Für viel Unmut in der eigenen Partei und Kritik von den Konservativen sorgte der Plan, die Heizkostenzuschüsse für Millionen Rentnerinnen und Rentner zu kürzen. "Wir müssen die wirtschaftliche Stabilität des Landes wiederherstellen und die vergangenen 14 Jahre hinter uns lassen", rechtfertigte Reeves die Entscheidungen.
Labour-Chef und Premier Keir Starmer hatte nach seinem Amtsantritt verkündet, die konservative Vorgängerregierung habe nach 14 Jahren an der Regierung ein "schwarzes Loch" von 22 Milliarden Pfund in den Staatsfinanzen hinterlassen. Die konservativen Tories wiesen dies als "Erfindung" zurück.
Reeves konnte am Mittwoch zeitgleich eine verbesserte Wirtschaftsprognose vorstellen: Das britische Bruttoinlandsprodukt werde 2024 um 1,1 Prozent wachsen und 2025 um zwei Prozent, sagte die Finanzministerin.
Die Haushaltsaufsichtsbehörde hatte im März noch mit Wachstumsraten von 0,8 Prozent für das laufende und 1,9 Prozent für das kommende Jahr gerechnet. Auch die in diesem Monat herausgegebene Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) ging von einem Wachstum von 1,1 Prozent in diesem Jahr aus.
Reeves betonte, die einzige Möglichkeit, das Wirtschaftswachstum weiter anzukurbeln, seien "Investitionen, Investitionen, Investitionen". So werde der angeschlagene öffentliche Gesundheitsdienst NHS im laufenden und kommenden Jahr 22,6 Milliarden Pfund zusätzlich erhalten, kündigte sie an. Insgesamt sollen in den kommenden fünf Jahren Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Pfund in die öffentliche Daseinsvorsorge und die Infrastruktur fließen.
Starmer hatte angekündigt, die Konsolidierung des Haushalts durch Steuererhöhungen solle nicht zu Lasten der "arbeitenden Bevölkerung" gehen. Trotzdem schwor er seine Partei und das Land beim ersten Labour-Parteitag nach dem Wahlsieg im September auf eine "Durststrecke" ein. Unter anderem wegen seines Festhaltens an einer Obergrenze für das Kindergeld sowie fehlender Steuererhöhungen für Superreiche geriet er bei Parteilinken in die Kritik.
(F.Bonnet--LPdF)