US-Präsident Biden äußert sich über Übergang zu seinem Widersacher Trump
Nach dem Sieg des Republikaners Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl wird sich Staatschef Joe Biden am Donnerstag in einer Rede an die Nation äußern. Nach Angaben des Weißen Hauses wird der Demokrat um 11.00 Uhr (Ortszeit 17.00 MEZ) über "die Wahlergebnisse und den Übergang" zu dem künftigen republikanischen Präsidenten sprechen. In den USA wie auch weltweit löste die spektakuläre Rückkehr des Rechtspopulisten Trump gespaltene Reaktionen aus.
Der 78-jährige Ex-Präsident Trump und politischer Widersacher Bidens hatte nach einem dramatischen Wahlkampf in der Nacht zum Mittwoch einen triumphalen Sieg über die Demokratin Kamala Harris errungen. Zugleich hatten sich seine Republikaner bei der Wahl die Kontrolle über den mächtigen US-Senat sicherte. Harris hatte die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten Anfang August übernommen, nachdem der 81-jährige Biden aus Altersgründen verzichtet hatte.
Harris rief ihre Anhänger am Tag nach der Wahl in einer Rede an der Howard University in Washington auf, weiter zu kämpfen. "Das Ergebnis dieser Wahl ist nicht das, was wir wollten, nicht das, wofür wir gekämpft haben", sagte sie. Die "amerikanische Verheißung" werde immer leuchten, "solange wir niemals aufgeben und solange wir weiter kämpfen". Trump bot sie Unterstützung bei der Machtübergabe an.
"Was Amerika heute gesehen hat, ist die Kamala Harris, die ich kenne und zutiefst bewundere", erklärte US-Präsident Biden nach Harris' Rede. "Sie war eine großartige Partnerin und Staatsdienerin voller Integrität, Mut und Charakter."
Neben Harris und Biden gratulierte am Mittwoch auch der frühere US-Präsident Barack Obama dem Wahlsieger. Biden lud Trump ins Weiße Haus ein; dieser habe die Einladung akzeptiert und freue sich auf das Treffen, erklärte Trumps Sprecher Steven Cheung.
Trump verfolgt eine rigorose America-First-Agenda, so dass sich traditionelle westliche Verbündete um die Zukunft der transatlantischen Beziehungen sorgen. Der Rechtspopulist hat angekündigt, den Ukraine-Krieg noch vor seinem Amtsantritt im Januar beenden zu wollen. In Kiew wird befürchtet, dass Trump als entschiedener Gegner der Milliardenhilfen für die Ukraine diese drastisch verringern und das Land zu einem Abkommen mit Russland zwingen könnte.
Auf traditionelle Nato-Verbündete übt der Republikaner Druck aus, mehr für ihre Verteidigung zu bezahlen. In der Wirtschaftspolitik setzt Trump auf eine drastische Ausweitung der Zölle: Zehn bis 20 Prozent sollen die Zölle auf Waren aus Ländern betragen, "die uns seit Jahren abzocken", kündigte er an. Die Börsen reagierten entgegengesetzt. Während die Finanzplätze in Europa im Minus schlossen, schnellten die Kurse an der Wall Street in die Höhe.
Westliche Staats- und Regierungschefs gratulierten Trump noch in der Wahlnacht zum Sieg und äußerten die Hoffnung auf eine gute Zusammenarbeit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb, er wolle die "erfolgreiche Arbeit zum Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger (...) gern mit Ihnen zusammen fortsetzen." Nato-Generalsekretär Mark Rutte schrieb, Trumps "Führungskraft" werde "erneut der Schlüssel zum Erhalt der Stärke unseres Bündnisses sein".
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte am Mittwoch, er habe ein "ausgezeichnetes" Telefonat mit Trump geführt und diesem "zu seinem historischen Erdrutschsieg gratuliert". Der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte nicht.
Aus Peking kam zunächst ein knapp formulierter Glückwunsch des Außenministeriums. Später rief der chinesische Präsident Xi Jinping laut dem staatlichen Fernsehen CCTV in einer Glückwunschbotschaft an Trump zu "stabilen, gesunden und nachhaltigen" Beziehungen zwischen Peking und Washington auf. Auch appellierte er an die USA und China, "einen korrekten Weg zu finden, wie China und die USA in dieser neuen Ära miteinander auskommen können, damit beide Länder und die Welt davon profitieren".
In seiner ersten Amtszeit als US-Präsident hatte Trump einen Handelskrieg mit China angezettelt und Zollerhöhungen in Kraft gesetzt. Im Wahlkampf kündigte er Zölle in Höhe von 60 Prozent auf Produkte aus China an.
Trump hatte im Wahlkampf auch eine radikale Agenda für die Innenpolitik angekündigt, die viele schwere Schäden für die US-Demokratie befürchten lassen. Unter anderem droht er damit, das Militär gegen "Feinde im Inneren" einzusetzen. Seine Pläne in der Einwanderungspolitik sehen die massenhafte Abschiebung von Migranten vor.
Zugleich will Trump rechtsradikale Milizionäre begnadigen, die angestachelt durch ihn am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington stürmten, weil sie ihm seine Lüge vom Wahlbetrug glaubten.
Trump siegte nicht nur deutlich bei der Präsidentschaftswahl, sondern sicherte sich bei der zeitgleich abgehaltenen Kongresswahl die Mehrheit für die Republikaner im Senat - und voraussichtlich sogar im Repräsentantenhaus. Damit und mit dem konservativ besetzten Supreme Court im Rücken würde er über eine Machtfülle verfügen, die lange kein US-Präsident mehr innehatte.
Wenn Trump am 20. Januar den Amtseid ablegt, wird der 78-Jährige der bei Amtsantritt älteste Präsident in der US-Geschichte sein. Seine immer ausschweifenderen Reden im Wahlkampf haben unter Fachleuten Zweifel an seiner geistigen Fitness für das Amt geweckt.
(V.Castillon--LPdF)