Nach Verzicht von Pistorius auf Kandidatur: Forderung zur Geschlossenheit
Nach dem Verzicht von Boris Pistorius auf die SPD-Kanzlerkandidatur versuchen Spitzenpolitiker der Partei, die Reihen zu schließen. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sagte, "jetzt muss die SPD sich geschlossen zeigen". Präsidium und Bundesvorstand der SPD sollen Olaf Scholz am Montag offiziell als Kanzlerkandidat nominieren.
Rehlinger räumte in der "tageszeitung" vom Samstag ein, dass die Debatte über eine Kandidatur von Pistorius zu lange gedauert habe: Eine Entscheidung "früher wäre besser gewesen", sagte sie. Nun aber "herrscht Klarheit". Alle in der SPD würden Scholz unterstützen. Er sei "ein Profi im Kanzleramt", der Krisen kenne und sie meistern könne.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese, der erst vor wenigen Tagen Zweifel an der Kanzlerkandidatur von Scholz geäußert hatte, sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag, es sei wichtig, "dass wir jetzt eine Entscheidung haben. Bei allen persönlichen Präferenzen eint uns in der SPD der Schulterschluss gegen die Union und Friedrich Merz". Dieser Gegenkandidat motiviere die Mitglieder "maximal" für den Wahlkampf. "Hier sind wir jetzt als Partei als Ganzes gefordert, um am Ende vorne zu liegen."
Die Diskussion um den SPD-Kanzlerkandidaten hatte nach dem Bruch der Ampel-Koalition Anfang November an Fahrt aufgenommen. Hintergrund sind niedrige Umfragewerte für die SPD und insbesondere für Scholz. Deshalb hatten sich immer mehr Parteivertreter dafür ausgesprochen, mit dem deutlich populäreren Pistorius an der Spitze in den Wahlkampf zu ziehen.
Wiese, einer der Vorsitzenden der einflussreichen NRW-SPD und Sprecher des konservativen Flügels Seeheimer Kreis, hatte erklärt, in den Wahlkreisen sei viel Zuspruch für Pistorius zu hören. Der Verteidigungsminister hatte erst am Donnerstagabend erklärt, nicht für eine Kandidatur zur Verfügung zu stehen.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte in der "Süddeutschen" vom Samstag: "Wir haben jetzt Klarheit, und schon das bringt uns weiter." Viele SPD-Mitglieder hätten sich in den letzten anderthalb Jahren und gerade auch in der Schlussphase gewissermaßen wundgerieben an den Streitigkeiten in der Ampel und der Kommunikation. Das sei in den vergangenen zwei Wochen klar zum Ausdruck gekommen. "Jetzt beginnt ein neues Kapitel – die SPD steht wieder für sich selbst."
Präsidium und Bundesvorstand der SPD wollen am Montag über den Vorschlag der SPD-Chefs Saskia Esken und Lars Klingbeil befinden, Scholz zum Kanzlerkandidaten zu nominieren. Bestätigt werden soll dies dann auf einem SPD-Parteitag am 11. Januar in Berlin. Die vorgezogene Wahl zum Bundestag soll am 23. Februar stattfinden.
(L.Chastain--LPdF)