Iren wählen neues Parlament - Migration eines der Hauptthemen
In Irland sind die Menschen am Freitag zur mit Spannung erwarteten Parlamentswahl aufgerufen gewesen. Bis zum späten Abend sollten die Wähler die neuen Mitglieder des 174 Sitze umfassenden Unterhauses des Parlaments bestimmen, es wurde ein enges Rennen erwartet. Die beiden konservativen Parteien der bisherigen Koalition, Fine Gael und Fianna Fail, lieferten sich zuletzt in Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der linksnationalistischen Oppositionspartei Sinn Fein. Alle drei lagen demnach bei rund 20 Prozent. Eines der wichtigsten Wahlkampfthemen war die Einwanderung.
Fine Gael von Premierminister Simon Harris fiel zuletzt in Umfragen zurück, ihr Koalitionspartner Fianna Fail sowie Sinn Fein gingen knapp in Führung. Anfang des Monats hatte Fine Gael noch als Favorit gegolten, doch die Regierungspartei verlor nach einer Reihe von Pannen und Fehltritten an Rückhalt.
Harris, Irlands jüngster Premierminister, gab seine Stimme am Morgen in seinem Wahlkreis Delgany südlich der Hauptstadt Dublin ab. Es habe ihm Freude gemacht, seine politische Vision als Premierminister darzulegen, sagte er. Nun freue er sich darauf, dass die Menschen zu Wort kämen.
Nicht überall in seinem Wahlkreis wurde Harris' Optimismus geteilt. Der IT-Mitarbeiter Kevin Barry sagte der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf die Wahl, alle Optionen erschienen "so schrecklich". Er tendiere zwar zur Regierungskoalition, sei jedoch auch mit der nicht wirklich zufrieden. Diese sei "für das Chaos verantwortlich, in dem wir uns befinden, insbesondere im Hinblick auf den Wohnungsbau". Die im Gesundheitswesen tätige Peta Scott sagte, durch die Probleme auf dem Wohnungsmarkt sei es für ihre Kinder "eine Herausforderung" gewesen, in Irland zu bleiben.
Im Norden Dublins stimmte der Lkw-Fahrer Deric Sweeman nach eigenen Angaben für Sinn Fein. "Es ist Zeit für einen Wechsel", sagte er. Verbesserungen in den Bereichen Wohnungsmarkt und Infrastruktur müssten für die nächste Regierung Priorität haben.
Die Eindämmung der Migration und die hohen Lebenshaltungskosten zählten im Vorfeld der Parlamentswahl zu den zentralen Themen. Unter den Iren wächst der Unmut über die Einwanderungspolitik, so dass diese erstmals zu den großen Wahlkampfthemen gehörte. Irlands boomende Wirtschaft zieht viele Einwanderer an, was auch zu Wohnungsproblemen führte. Dennoch haben rechtsextreme Parteien in dem EU-Land bisher kaum Zulauf.
Die Auszählung der Parlamentswahl soll am Samstagmorgen beginnen, im Laufe des Tages werden Teilergebnisse erwartet. Ein endgültiges Ergebnis könnte wegen des komplexen Wahlsystems in dem EU-Mitgliedstaat erst in einigen Tagen vorliegen. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass eine Partei genügend Stimmen erhalten wird, um allein zu regieren.
Die vergangenen Wahl im Jahr 2020 hatte Sinn Fein gewonnen. Die Partei, die aus dem politischen Flügel der paramilitärischen Untergrundorganisation IRA hervorgegangen war, konnte jedoch keinen Koalitionspartner finden. Schließlich einigte sich Fine Gael - seit 2011 an der Regierung beteiligt - mit Fianna Fail darauf, das Amt des Premierministers zwischen beiden Parteien zu rotieren. Neben den beiden konservativen Parteien wurden auch die Grünen Teil der Regierungskoalition.
Irlands Wirtschaft ist von ausländischen Direktinvestitionen und Steuerzahlungen insbesondere von US-Technologie- und Pharmariesen abhängig. Die Drohungen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, Zölle zu erhöhen und Steuern von US-Firmen aus Ländern wie Irland in die USA zu holen, haben jedoch Sorgen um die wirtschaftliche Stabilität hervorgerufen.
(Y.Rousseau--LPdF)