Islamisten in Syrien rücken nach Eroberung von Hama nahe auf die Stadt Homs vor
Die islamistischen Kämpfer in Syrien sind nach ihrer Einnahme der Großstädte Aleppo und Hama im Nordwesten des Landes laut Angaben von Aktivisten nahe an die Stadt Homs herangerückt. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, standen die von der islamistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) angeführten Verbände am Freitag nur noch fünf Kilometer von den Vororten von Homs entfernt.
Homs ist nach der Hauptstadt Damaskus und Aleppo die drittgrößte Stadt des Landes. Auf dem Weg Richtung Homs seien die HTS und ihre Verbündeten in die Städte Rastan und Talbisseh eingedrungen, erklärte die Beobachtungsstelle. Es sei eine "völlige Abwesenheit" von Truppen der Regierung des Machthabers Baschar al-Assad in diesen beiden Städten festzustellen.
Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Die Angaben der Beobachtungsstelle lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Sollten die Islamisten auch Homs einnehmen, würde dies die Assad-Regierung in der im Süden des Landes gelegenen Hauptstadt Damaskus von der Verbindung zur Mittelmeerküste abschneiden. An der Küste liegen zahlreiche Hochburgen der Assad-Familie.
Eine Woche nach Beginn ihrer Großoffensive in Syrien und nur wenige Tage nach der Eroberung Aleppos hatten die von Islamisten angeführten Milizen am Donnerstag die strategisch wichtige Stadt Hama eingenommen. Die syrische Armee räumte ein, die Kontrolle über die viertgrößte Stadt des Landes verloren zu haben.
Durch die jüngsten Kämpfe wurden nach Angaben der UNO 280.000 Menschen in die Flucht getrieben. Wie der Chef der Notfallkoordination des Welternährungsprogramms (WFP), Samer Abdel Jaber, erklärte, könnte diese Zahl auf 1,5 Millionen steigen.
HTS-Anführer Abu Mohammed al-Dscholani bekräftigte unterdessen in einem Interview mit dem US-Sender CNN das Ziel seiner Gruppierung, Assad zu stürzen. "Wenn wir über Ziele sprechen, bleibt das Ziel der Revolution der Sturz dieses Regimes. Es ist unser Recht, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um dieses Ziel zu erreichen", sagte al-Dscholani.
Angesichts des rasanten Vormarschs der islamistischen Regierungsgegner wollen sich nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP am Samstag die Außenminister der Türkei, des Iran und Russlands treffen. Das Treffen werde in der katarischen Hauptstadt Doha im sogenannten Astana-Format stattfinden, hieß es aus Kreisen des Außenministeriums in Ankara. Das Astana-Format ist eine Plattform für Verhandlungen über die Zukunft Syriens.
Der Iran und Russland sind wichtige Verbündete Assads. Die Türkei teilt eine lange Landgrenze mit Syrien und hat fast drei Millionen Flüchtlinge von dort aufgenommen. Ankara unterstützt seit Jahren Aufständische im Norden Syriens, bemühte sich jedoch in den vergangenen Monaten um eine Annäherung an die Regierung des Nachbarlandes.
Nach Jahren verhältnismäßigen Stillstands im syrischen Bürgerkrieg hatten vor einer Woche die HTS und mit ihr verbündete Gruppierungen die Großoffensive im Nordwesten gestartet. Es sind die intensivsten Kämpfe seit vier Jahren. Der Bürgerkrieg war im Jahr 2011 durch Proteste gegen Assad ausgelöst worden.
(N.Lambert--LPdF)