Russland beschießt Kiew mit Raketen - ein Toter und hunderte Gebäude ohne Heizung
Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist am Freitagmorgen das Ziel eines russischen Raketenangriffs geworden, bei dem Polizeiangaben zufolge ein 53-jähriger Mann getötet und elf Menschen verletzt wurden. Zudem wurden mehr als 600 Wohngebäude von der Wärmeversorgung abgeschnitten. Unter den beschädigten Gebäuden waren nach Angaben des Außenministeriums in Kiew auch mehrere diplomatische Vertretungen. Moskau bezeichnete die Angriffe als eine Vergeltung für ukrainische Angriffe mit westlichen Waffen.
Journalisten der Nachrichtenagentur AFP zufolge waren in Kiew gegen 07.00 Uhr (Ortszeit, 06.00 Uhr MEZ) die ersten Explosionen zu hören. Zuvor hatte es Raketenalarm gegeben. Die ukrainische Luftwaffe erklärte, alle fünf russischen Raketen vom Typ Iskander mithilfe des Patriot-Luftabwehrsystems abgeschossen zu haben. Durch herabfallende Trümmerteile kam es jedoch in fünf Bezirken zu Schäden und Bränden.
Laut der ukrainischen Denkfabrik Defence Express wurden zwar alle Raketen erfolgreich abgefangen, "aber in einem Fall konnte der Sprengkopf nicht zerstört werden und explodierte in der Nähe eines Geschäftszentrums im Stadtzentrum".
Unter den beschädigten Gebäuden waren dem ukrainischen Außenministerium zufolge auch sechs diplomatische Vertretungen: die von Portugal, Albanien, Argentinien, Nordmazedonien, Montenegro sowie der Palästinenser. Nach portugiesischen Angaben befanden sich die Vertretungen von Portugal, Argentinien, Albanien und Montenegro im "selben Gebäude".
Portugals Außenminister Paulo Rangel verurteilte den Angriff scharf. "Es ist absolut inakzeptabel, dass Angriffe auf diplomatische Einrichtungen verübt werden", sagte er lokalen Medien. Weiter sprach er von "relativ leichten Sachschäden". Die Regierung in Lissabon erklärte zudem, sie habe den Geschäftsträger der Russischen Föderation vorgeladen, um ihm einen formellen Protest zu überreichen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "weiteren abscheulichen russischen Angriff auf Kiew". Die Missachtung des Völkerrechts durch Kreml-Chef Wladimir Putin erreiche "neue Dimensionen", kritisierte sie im Onlinedienst X.
"Es gab eine Explosion nach der anderen", sagte die 45-jährige Anwohnerin Xenia. Die 35-jährige Ärztin Victoria berichtete, sie sei sofort in einen Schutzraum gerannt, als sie die Warnungen gelesen habe. "Selbst im Schutzraum fielen mir Ziegelsteine auf den Kopf", sagte sie AFP.
Nach den Angriffen waren in den Straßen verkohlte Autos und Gebäude mit zerstörten Scheiben zu sehen. 630 Wohngebäude sowie ein Dutzend Schulen und Krankenhäuser waren von der Wärmeversorgung abgeschnitten, während in der Stadt winterliche Temperaturen herrschten.
Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es, der "kombinierte Angriff mit Langstrecken-Präzisionswaffen" sei eine "Reaktion auf die Aktionen des Kiewer Regimes, das von seinen westlichen Handlangern unterstützt wird". Konkret nahm das Ministerium Bezug auf einen ukrainischen Angriff mit westlichen Raketen auf eine russische Chemieanlage am Mittwoch.
Den Angaben des Ministeriums zufolge wurden in Kiew ein Büro des ukrainischen Inlandsgeheimdiensts SBU sowie ein Standort der Rüstungsindustrie angegriffen. Alle Ziele seien getroffen worden. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, dass Putin angekündigt habe, dass es auf jeden ukrainischen Angriff mit westlichen Waffen auf Russland "eine Antwort geben wird".
Putin hatte in seiner traditionellen Pressekonferenz zum Jahresende am Donnerstag vorgeschlagen, ein "Hightech-Duell" über der ukrainischen Hauptstadt Kiew abzuhalten, um Angaben zu testen, dass die neuartige russische Hyperschallrakete Oreschnik nicht von der ukrainischen Luftwaffe abgefangen werden könne.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte darauf mit den Worten reagiert: "Menschen sterben, und er findet das interessant...Blödmann".
Russland greift die Ukraine seit dem Beginn des Kriegs vor fast drei Jahren fast täglich aus der Luft an. Neben Kiew meldeten am Freitag auch andere Regionen des Landes Angriffe. In der südukrainischen Stadt Cherson wurden offiziellen Angaben zufolge zwei Menschen getötet. "Cherson ist heute durch zahlreiche Angriffe der russischen Armee aufgewacht", erklärte Gouverneur Oleksandr Prokudin. 60.000 Haushalte in der Region seien ohne Strom.
(P.Toussaint--LPdF)