Le Pays De France - Kickl bekommt als erster FPÖ-Politiker Auftrag zur Regierungsbildung in Österreich

Paris -
Kickl bekommt als erster FPÖ-Politiker Auftrag zur Regierungsbildung in Österreich
Kickl bekommt als erster FPÖ-Politiker Auftrag zur Regierungsbildung in Österreich / Foto: © AFP

Kickl bekommt als erster FPÖ-Politiker Auftrag zur Regierungsbildung in Österreich

In Österreich könnte die rechtspopulistische FPÖ erstmals den Bundeskanzler stellen: Ihr ultrarechter Parteichef Herbert Kickl erhielt am Montag den Auftrag zur Regierungsbildung. Er habe Kickl mit der Aufnahme von "Gesprächen zur Bildung einer Bundesregierung" beauftragt, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach einem Treffen in der Wiener Hofburg. Vor dem Gebäude protestierten hunderte Menschen gegen die Entscheidung.

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"Herr Kickl traut sich zu, im Rahmen von Regierungsverhandlungen tragfähige Lösungen zu finden und er will diese Verantwortung", sagte Van der Bellen nach dem rund einstündigen Treffen der beiden Politiker. Der FPÖ-Chef werde ihm "laufend über den Fortgang dieser Gespräche berichten". Kickl selbst äußerte sich nach dem Treffen zunächst nicht ausführlich. Dem öffentlichen Rundfunk ORF sagte er beim Verlassen der Hofburg und vor Van der Bellens Statement lediglich, der Präsident sei nun an der Reihe, sich zu äußern. Die Gespräche mit dem Bundespräsidenten seien "immer gut".

Auch aus der konservativen ÖVP, dem möglichen Koalitionspartner der FPÖ, gab es zunächst keine öffentlichen Aussagen. Von der Nachrichtenagentur AFP befragte Experten zu österreichischer Innenpolitik bezeichneten ein solches Regierungsbündnis unter Führung der FPÖ aber als sehr wahrscheinlich.

"Ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht", sagte Van der Bellen in seinen knapp fünfminütigen Ausführungen. Er habe mit Kickl unter anderem über das schwierige "wirtschaftliche Umfeld" für Österreich, die "Bedrohungslage (...) insbesondere durch den Angriffskrieg Russlands" und "länger über die Freiheit der Medien in Österreich" gesprochen, sagte der Staatschef, der früher den Grünen angehörte. "Ich werde auch weiterhin darauf achten, dass die Prinzipien und Regeln unserer Verfassung korrekt beachtet und eingehalten werden."

Van der Bellen, den die Österreicher bei der Direktwahl zum Bundespräsidenten zweimal gegen einen FPÖ-Gegenkandidaten zum Staatschef gemacht hatten, begründete seinen Schritt mit der "neue(n) Situation" nach dem Scheitern vorheriger Koalitionsgespräche. Am Wochenende waren die Verhandlungen zwischen der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos gescheitert. Infolge dessen hatte ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer seinen Rücktritt angekündigt.

Nehammer hatte sich stets gegen Gespräche mit der FPÖ ausgesprochen, der neue ÖVP-Übergangschef Christian Stocker zeigte sich dagegen offen. "Wenn wir zu diesen Gesprächen eingeladen werden, dann werden wir diese Einladung auch annehmen", sagte Stocker am Sonntag. Österreich brauche "gerade jetzt eine stabile Regierung".

Van der Bellen sagte nach seinem Treffen mit Kickl, eine Bundesregierung müsse für eine erfolgreiche Arbeit "robust" sein und benötige daher eine Parlamentsmehrheit von "verlässlich mehr als 50 Prozent" der Sitze. Er selbst könne zwar, "was die Zusammensetzung dieser Mehrheit betrifft, bestimmte Wünsche und Vorstellungen haben", fügte der frühere Grünen-Politiker hinzu. Der "Respekt vor dem Wählervotum" gebiete es aber, dass der Bundespräsident die Mehrheit achte, die sich im Nationalrat finde oder eben nicht finde.

Die rechtspopulistische FPÖ war bei der Wahl im September mit 28,85 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Kraft im Parlament geworden. Die konservative ÖVP erzielte 26,3 Prozent, gefolgt von der sozialdemokratischen SPÖ mit 21,1 Prozent.

ÖVP und SPÖ versuchten nach der Wahl zunächst, den Einzug von Kickl ins Kanzleramt zu verhindern. ÖVP, SPÖ und die liberalen Neos nahmen dafür Koalitionsverhandlungen auf. Die Neos stiegen aber am Freitag aus den Koalitionsgesprächen aus, am Samstag dann scheiterten die Verhandlungen auch zwischen ÖVP und SPÖ.

Die FPÖ war bereits mehrfach Teil einer österreichischen Bundesregierung, zuletzt von 2017 bis 2019 unter dem ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz. Bislang hat jedoch noch nie ein FPÖ-Politiker eine Regierung als Kanzler angeführt. Auf Landesebene hat die FPÖ bereits mehrfach den Regierungschef gestellt, seit Dezember wird mit der Steiermark wieder ein Bundesland von einem FPÖ-Landeshauptmann regiert.

Vor der Wiener Hofburg versammelten sich am Montag während des Gesprächs zwischen Kickl und Van der Bellen hunderte lautstarke Demonstranten, wie die Nachrichtenagentur APA berichtete. Aus der Menge waren demnach "Nazis raus"-Rufe und Buhrufe zu hören. Nachdem Kickl die Hofburg verlassen hatte, löste sich die Kundgebung demnach wieder auf.

(E.Beaufort--LPdF)