AfD-Bundesparteitag in Riesa eröffnet - wegen Protesten mit Verspätung
Begleitet von massivem Protest aus der Zivilbevölkerung hat die AfD am Samstag ihren zweitägigen Bundesparteitag im sächsischen Riesa begonnen. Das Treffen begann mit mehr als zwei Stunden Verspätung, weil viele der rund 600 Delegierten wegen der Protestkundgebungen rund um die Versammlungshalle nicht rechtzeitig ihren Platz einnehmen konnten.
AfD-Chef Tino Chrupalla machte den Demonstrierenden zur Eröffnung des Parteitags schwere Vorwürfe. Wer Parteitagsteilnehmer bedrohe und Polizisten angreife, verhalte sich "wie Antidemokraten und Terroristen", sagte er. Chrupalla dankte den Sicherheitskräften für ihren Einsatz.
Noch am Samstag sollten die Delegierten die Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel zur ersten Kanzlerkandidatin der AfD-Geschichte nominieren. Die Nominierung einer Kanzlerkandidatin sei "der nächste große Schritt" für seine in Umfragen erstarkende Partei, sagte Chrupalla in seiner Eröffnungsrede. Weidel solle "die zehnte Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden".
Im Anschluss steht das Wahlprogramm zur Debatte, das unter anderem einen Ausstieg aus dem Euro, einen härteren Kurs in der Asyl- und Migrationspolitik sowie eine Rückkehr zur Atomkraft vorsieht.
Zu dem Antragsentwurf des AfD-Vorstands liegen zahlreiche Änderungsanträge vor, die in Riesa für hitzige Debatten sorgen dürften. Ein Antrag etwa fordert, die "Remigration" zum Ziel der AfD zu erklären. Unter "Remigration" wird die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland verstanden.
Lebhafte Diskussionen dürfte es am Sonntag über den Plan des Parteivorstands geben, die AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) aufzulösen. An ihre Stelle soll ein neuer Nachwuchsverband treten, der enger an die Parteiführung gebunden ist. Dafür ist eine Satzungsänderung nötig, für die auf dem Parteitag eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt wird. Es ist fraglich, ob diese Mehrheit am Sonntag zustandekommt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die JA bundesweit als gesichert rechtsextremistisch ein. Die gleiche Einstufung gilt für die JA-Landesverbände in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die Jugendorganisation JA gilt als noch rechter und radikaler als die Mutterpartei AfD. In der Parteispitze gab es bereits seit längerem Unzufriedenheit mit der JA.
Wie bereits bei vergangenen Parteitagen der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD formierte sich auch diesmal breiter Widerstand aus der Gesellschaft - trotz Schnee und Kälte. Die Polizei sicherte den Bereich um die Veranstaltungshalle mit einem Großaufgebot ab. Ein Sprecher schätzte die Zahl der Teilnehmer am späten Vormittag auf mindestens 8000.
Die AfD geht in Umfragen hinter der Union auf Platz zwei in die heiße Phase des Wahlkampfs zur Bundestagsneuwahl am 23. Februar. Zuletzt gaben zwischen 18 und 21 Prozent der Befragten an, die AfD wählen zu wollen. Weidel leitete daraus bereits mehrfach einen Regierungsanspruch ab. Die anderen Parteien schlossen eine Koalition mit der AfD allerdings aus, Weidel bezeichnete diese "Brandmauer" wiederholt als undemokratisch.
(P.Toussaint--LPdF)