Le Pays De France - Ex-Guerillero Petro zum ersten linksgerichteten Präsidenten von Kolumbien gewählt

Paris -
Ex-Guerillero Petro zum ersten linksgerichteten Präsidenten von Kolumbien gewählt
Ex-Guerillero Petro zum ersten linksgerichteten Präsidenten von Kolumbien gewählt / Foto: © AFP

Ex-Guerillero Petro zum ersten linksgerichteten Präsidenten von Kolumbien gewählt

Kolumbien wird künftig erstmals von einem linken Staatschef regiert. Der ehemalige Guerillakämpfer Gustavo Petro gewann die Stichwahl um die Präsidentschaft am Sonntag laut amtlichem Endergebnis mit 50,4 Prozent der Stimmen. Sein Gegner, der Millionär Rodolfo Hernández, kam auf 47,3 Prozent. Bei seiner Siegesrede in der Hauptstadt Bogotá versprach Petro eine Abkehr von Hass und Gewalt in dem südamerikanischen Land.

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"Mit dem heutigen Tag verändert sich Kolumbien", sagte der 62-Jährige und versprach "eine Politik der Liebe, des Verständnisses und des Dialogs". Die Präsidentschaftswahl habe leider gezeigt, dass es "zwei Kolumbien gebe". "Wir wollen, dass Kolumbien bei all seiner Vielfalt ein Kolumbien ist."

Petro soll nun als erster linker Präsident der kolumbianischen Geschichte am 7. August den unbeliebten Konservativen Iván Duque im Amt beerben. Im Zentrum von Bogotá brachen bei Verkündung des Wahlergebnisses tausende seiner Anhänger, meist junge Leute, in Jubel aus. Auch die Wahl der Vizepräsidentin ist historisch: Die 40-jährige Umweltaktivistin und Feministin Francia Márquez ist die erste schwarze Frau in diesem Amt.

Der unterlegene Bauunternehmer Hernández gestand seine Niederlage ein. "Ich akzeptiere das Resultat, so, wie das sein muss", sagte der Populist mit unklaren politischen Vorstellungen in einer kurzen Videobotschaft auf Facebook. Er wünsche Petro, "dass er das Land führen kann und seine Versprechen im Kampf gegen die Korruption hält". Hernández fehlten gut 700.000 Stimmen zum Sieg. Die Wahlbeteiligung war mit 58 Prozent vergleichsweise hoch.

Petro hatte sich in jungen Jahren der Rebellengruppe M-19 angeschlossen, später saß er fast zwei Jahre im Gefängnis. Nach seiner Abkehr vom bewaffneten Kampf war er unter anderem Diplomat in Belgien und Bürgermeister von Bogotá. Seine Reformpläne umfassen höhere Steuern für Vermögende, ein Notprogramm gegen den Hunger sowie die Abkehr von Öl und Gas und die Förderung erneuerbarer Energien.

Mehrere linksgerichtete Regierungschefs aus Lateinamerika gratulierten Petro nach dessen Wahlsieg. Er beglückwünsche Petro und Márquez zu deren "historischem Sieg", sagte der venezolanische Staatschef Nicolás Maduro. Von einem "historischen Triumph" Petros sprach der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador. Gabriel Boric, seit März linker Präsident Chiles, nannte es auf Twitter eine "Freude für Lateinamerika".

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bezeichnete das Wahlergebnis als "klares Votum für einen politischen Wandel und für eine gleichere und inklusivere Gesellschaft". "Ich wünsche dem gewählten kolumbianischen Präsidenten und dem kolumbianischen Volk alles Gute", sagte er in Brüssel.

US-Außenminister Antony Blinken gratulierte "dem kolumbianischen Volk" auf Twitter dazu, "sich in freien und fairen Präsidentschaftswahlen Gehör verschafft zu haben". An Petro gerichtet schrieb Blinken, Washington freue sich darauf, mit ihm die "starke Partnerschaft" fortzusetzen.

Zu Petros schwersten Aufgaben wird es gehören, Geschäftsleuten, Großgrundbesitzern und Militärs die Angst vor einer linken Regierung zu nehmen. Vor der Wahl hatten viele ihrer Vertreter vor einer ähnlichen Entwicklung wie in Kolumbiens autoritär regiertem Nachbarstaat Venezuela gewarnt.

Analyst Sergio Guzmán vom Beratungsunternehmen Colombia Risk Análisis sieht insbesondere im Verhältnis zum Militär ein erhebliches Risiko für den neu gewählten Präsidenten. Es gebe "ein bedeutendes Misstrauen" in der Armee. Petro müsse einen Verteidigungsminister auswählen, der "Vertrauen und Respekt" der Truppe genieße, sagte Guzmán. Andernfalls drohe ein "Desaster".

In Kolumbien leben knapp 40 Prozent der Bevölkerung in Armut und die Einkommensungleichheit im Land zählt laut Weltbank zu den ausgeprägtesten weltweit. Das Land leidet zudem immer noch unter den Folgen eines jahrzehntelangen Konflikts zwischen linksgerichteten Rebellen und der Armee sowie rechtsgerichteten Paramilitärs.

(R.Lavigne--LPdF)