Forderungen nach Corona-Lockerungen werden immer lauter
Trotz weiter steigender Corona-Zahlen werden die Forderungen nach einer Lockerung der Corona-Beschränkungen immer lauter. "Wir brauchen jetzt einen Einstieg in den Ausstieg", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. FDP-Chef Christian Lindner sprach sich für einen Verzicht auf die 2G-Regel im Einzelhandel aus. Aus der SPD kamen hingegen Warnungen vor zu raschen Lockerungen.
"Wenn die Gefährdung des Gesundheitssystems geringer ist, muss neben der Sicherheit auch die Freiheit und die Verhältnismäßigkeit ganz genau untersucht werden", sagte Söder. Die normale Inzidenz habe keine Aussagekraft mehr. Wenn jetzt PCR-Tests priorisiert und die Kontaktverfolgung reduziert würden, sage das Robert-Koch-Institut (RKI), dass die Inzidenz künftig geschätzt werde. "Aber aufgrund von Schätzungen lassen sich grundlegende Einschnitte in das Leben der Menschen nicht rechtfertigen.“
Der "Bild"-Zeitung sagte der CSU-Chef: "Wir sollten konsequente Öffnungsschritte jetzt angehen." Konkret forderte er die bundesweite Abschaffung der 2G-Regel im Handel, die Streichung der Testpflicht in Restaurants und eine Anhebung der Obergrenzen für Stadien. "Wo FFP2-Masken getragen werden, kann man Kontaktbeschränkungen runterfahren." Dafür müsse Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Stufenplan erstellen.
Lindner sagte bei RTL/ntv: "Es geht nicht darum, dass jetzt alle Maßnahmen fallen." Aber es brauche eine verlässliche Planung, etwa für den kulturellen Bereich oder die Veranstaltungsbranche. Entfallen sollten Maßnahmen, "die wirtschaftlichen Schaden anrichten und die Menschen in ihrer Freiheit einschränken, aber keinen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des Pandemiegeschehens leisten". Deshalb sei 2G im Handel nicht erforderlich, die Maske aber schon.
Die SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens sah indes keinen Raum für Lockerungen und Öffnungspläne. "Wir haben aktuell die höchste Infektionsrate jemals. Es ist daher zu früh, konkrete Schritte oder einen konkreten Zeitpunkt zu nennen", sagte sie en Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Donnerstagsausgaben). Baehrens kritisierte zudem, dass einige Bundesländer abermals Lockerungen im Alleingang beschlossen hatten.
Die Bundesärztekammer forderte wiederum einen Stufenplan für Öffnungsschritte. "Wenn sich das Infektionsgeschehen so entwickelt, wie von Epidemiologen prognostiziert, werden die Fallzahlen von Ende Februar an allmählich sinken", sagte ihr Präsident Klaus Reinhardt den RND-Zeitungen.
Einschränkungen seien aber im Moment noch unumgänglich, sagte Reinhardt. "Deutschland hat die zweitälteste Bevölkerung in Europa und eine im Vergleich zu Dänemark und England niedrige Impfquote unter Älteren." In den beiden Staaten gab es zuletzt umfangreiche Lockerungen.
Der Vorstandvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sprach sich für den jetzigen Zeitpunkt gegen Lockerungen aus. "Die Krankenhäuser verzeichnen stark steigende Fallzahlen auf den Normalstationen und selbst auf den Intensivstationen werden wieder mehr Covid-Patienten eingeliefert", sagte Gaß dem RND. "Aber natürlich benötigen wir für die nahe Zukunft, wenn wir die Omikron-Welle hinter uns gebracht haben, klare Perspektiven für Öffnungen."
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat indessen am Donnerstag neue Rekordzahlen vermeldet. Die Gesundheitsämter registrierten 236.120 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 1283,2. Damit wurden die bisherigen Höchstwerte vom Vortag mit 208.498 Neuinfektionen und einer Inzidenz von 1227,5 nochmal deutlich übertroffen.
(V.Blanchet--LPdF)