Le Pays De France - Russische Truppen rücken in ukrainischer Donbass-Region weiter vor

Paris -
Russische Truppen rücken in ukrainischer Donbass-Region weiter vor
Russische Truppen rücken in ukrainischer Donbass-Region weiter vor / Foto: © AFP

Russische Truppen rücken in ukrainischer Donbass-Region weiter vor

Die russischen Streitkräfte sind am Dienstag in der ukrainischen Donbass-Region weiter vorgerückt und haben dabei insbesondere die Stadt Slowjansk ins Visier genommen: Bürgermeister Wadym Liach meldete "massiven" russischen Beschuss in der ostukrainischen Stadt. Mindestens zwei Menschen wurden dabei nach ukrainischen Angaben getötet. Auf einer Wiederaufbau-Konferenz für die Ukraine in der Schweiz sicherten derweil rund 40 Staaten dem kriegszerstörten Land ihre umfassende Unterstützung zu.

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Der russische Angriff auf Slowjansk in der Provinz Donezk richtete sich laut Bürgermeister Liach gegen den zentralen Markt der Stadt. "Slowjansk! Massives Bombardement der Stadt. Im Zentrum, im Norden. Alle in die Luftschutzkeller", schrieb er auf Facebook. Zwei Menschen wurden dabei nach Angaben des Gouverneurs von Donezk, Pawlo Kyrylenko, getötet, sieben weitere verletzt.

Die Stadt steht bereits seit Tagen unter Raketenbeschuss. Nach der Einnahme der nahegelegenen Stadt Lyssytschansk rücken die russischen Truppen bei ihrem Vormarsch im Donbass nun auf Slowjansk und Kramatorsk vor, die beiden größten Städte in der Region, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen.

Die russische Armee bombardierte nach eigenen Angaben auch zwei ukrainische Kommandozentralen in Donezk. Auch die Stadt Charkiw im Nordosten des Landes steht weiter unter russischem Beschuss. In den vergangenen 24 Stunden wurden dort nach Kreml-Angaben bei russischen Angriffen bis zu 150 ukrainische Soldaten getötet.

Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet forderte am Dienstag ein Ende des "unerträglichen" Leids der Zivilbevölkerung in der Ukraine. "Im Namen jedes Opfers dieses sinnlosen Kriegs: Die Tötungen, die Folter, die willkürlichen Festnahmen müssen aufhören", sagte sie.

Es gebe "erhebliche Befürchtungen, dass Angriffe der russischen Streitkräfte nicht mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar sind", fügte sie hinzu. In einem "wesentlich geringeren Umfang" treffe dies auch auf ukrainische Truppen im Osten des Landes zu.

Moskau warf Kiew am Dienstag Folter von Kriegsgefangenen vor. So habe ein Soldat berichtet, dass ihn ukrainische Ärzte ohne Betäubung behandelt sowie "geschlagen und mit Strom gefoltert" hätten, teilte das staatliche Ermittlungskomitee mit und kündigte eine Untersuchung an. Russland und die Ukraine hatten vergangene Woche je 144 Kriegsgefangene ausgetauscht.

Zuletzt waren auch Befürchtungen aufgekommen, dass sich das mit Russland verbündete Belarus militärisch in den Krieg einschalten könnte. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte der Ukraine am Sonntag Raketenangriffe auf sein Land vorgeworfen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht jedoch nicht von einem Eingreifen des Nachbarlandes Belarus in den Krieg mit Russland aus. "Wir glauben, dass Belarus sich nicht in diesen Krieg hineinziehen lassen wird", sagte er am Dienstag.

Auch die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hält ein militärisches Eingreifen für unwahrscheinlich. Die Armee sei "extrem demoralisiert", sagte sie in Warschau am Dienstag. Zudem gelte die Ukraine als "befreundete Nation".

Im schweizerischen Lugano ging am Dienstag eine zweitägige Wiederaufbau-Konferenz für die Ukraine zu Ende. Die rund 40 Teilnehmerstaaten sicherten dem Land in einer gemeinsamen Abschlusserklärung ihre Unterstützung bis zur vollständigen Erholung zu.

Die Erklärung sei "ein wichtiger erster Schritt auf dem langen Weg zur Erholung der Ukraine", sagte der Schweizer Präsident Ignazio Cassis. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) kündigte an, dass Deutschland 2024 eine weitere Wiederaufbau-Konferenz ausrichten wolle.

Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal äußerte die Hoffnung, dass "alles, was zerstört wurde, besser gemacht wird als es war". Er hatte am Montag die geschätzten Kosten für den Wiederaufbau auf umgerechnet mindestens 720 Milliarden Euro beziffert.

In der Erklärung wird ausdrücklich auch auf "die europäische Perspektive und den EU-Kandidatenstatus" des Landes verwiesen. Außerdem wird in der Erklärung die Notwendigkeit von Reformen in der Ukraine betont. Der Wiederaufbau müsse transparent und nachhaltig sein - "und dem ukrainischen Volk rechenschaftspflichtig".

(O.Agard--LPdF)