Trotz intensiver Krisendiplomatie keine Entspannung im Ukraine-Konflikt in Sicht
Trotz der verstärkten diplomatischen Bemühungen um eine Entschärfung des Ukraine-Konflikts zeichnet sich keine Entspannung ab. Russland und China sprachen sich am Freitag gemeinsam gegen eine Erweiterung des Militärbündnisses Nato aus. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte derweil seine Nato-Partner für ihr Vorgehen im Streit mit Russland. Bei einem Besuch in Moskau will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 15. Februar einen weiteren Vermittlungsversuch starten. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte eine Reise nach Kiew und Moskau an.
Russland hat nach westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten samt schwerem Gerät an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet deshalb einen russischen Angriff auf das Nachbarland. Russland weist die Vorwürfe zurück und gibt zugleich an, sich von der Nato bedroht zu fühlen.
Bei einem Treffen in Peking, wo der russische Präsident Wladimir Putin anlässlich der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele zu Gast war, vollzog er den Schulterschluss mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping. Putin und Xi verabschiedeten eine Erklärung, in der sie einen Stopp der Nato-Erweiterung forderten und den "negativen" Einfluss der USA im Indopazifik-Raum kritisierten.
China und Russland seien "im Geiste der Freundschaft und der strategischen Partnerschaft" verbunden, sagte Putin in Peking. Die Beziehungen der beiden Länder hätten einen "wirklich beispiellosen Charakter angenommen". Peking hatte zuletzt seine Unterstützung für die russischen Forderungen zunehmend deutlich gemacht. Putin verlangt Sicherheitsgarantien vom Westen, unter anderem ein Ende der Nato-Osterweiterung, was die westlichen Partner ablehnen.
Derweil läuft die Krisendiplomatie weiter auf Hochtouren: Bundeskanzler Scholz will sich am 15. Februar mit Putin in Moskau treffen. Wie die Bundesregierung bekanntgab, stehen internationale Themen im Mittelpunkt der Reise, einschließlich Fragen der Sicherheit. Am Tag davor wird Scholz in Kiew zu Besuch sein.
Scholz wird zudem am kommenden Donnerstag in Berlin Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs von Estland, Lettland und Litauen führen, um die Sorgen der östlichen Partnerländer in der Ukraine-Krise zu erörtern.
Auch Frankreichs Präsident Macron will eine Deeskalation erreichen: Der Staatschef werde am Montag nach Moskau und am Dienstag nach Kiew reisen, teilte der Élysée-Palast mit. Macron hatte in den vergangenen Tagen bereits mehrere Telefongespräche mit seinen russischen und ukrainischen Amtskollegen sowie mit US-Präsident Joe Biden geführt.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte derweil weitreichende Sanktionen im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine an. "Wir haben ein robustes und umfassendes Paket von Finanz- und Wirtschaftssanktionen vorbereitet", sagte sie dem "Handelsblatt" und der französischen Zeitung "Les Echos". Dieses umfasse die "Kappung des Zugangs zu ausländischem Kapital" sowie "Exportkontrollen vor allem technischer Güter". Auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 sei Teil davon.
Der türkische Präsident Erdogan warf seinen Nato-Partnern vor, den Konflikt mit Russland "nur noch schlimmer" zu machen. "Leider hat der Westen bis jetzt keinen Beitrag zur Lösung dieses Problems geleistet", sagte Erdogan am Freitag. Besonders bemängelte Erdogan das Verhalten von US-Präsident Biden: Dieser sei "bislang nicht in der Lage gewesen, einen positiven Ansatz zu finden".
Russland und die USA hatten sich zuletzt gegenseitig mit schweren Anschuldigungen überzogen. Russland beschuldigte die USA, mit einer Truppenentsendung nach Osteuropa die Spannungen zu verstärken. Die USA erklärten, Informationen zu haben, wonach Moskau einen Vorwand für eine Invasion in die Ukraine "erfinden" wolle. Russland bereite ein "Propagandavideo" vor, in dem ein Angriff der Ukraine auf russisches "Territorium oder russischsprachige Menschen" inszeniert werde.
Der Kreml erklärte daraufhin, Washington sei in dieser Angelegenheit keine vertrauenswürdige Quelle. "Ich würde empfehlen, niemandem zu glauben, vor allem nicht dem US-Außenministerium, wenn es um diese Fragen geht", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf seinen "westlichen Kollegen" vor, sich den Vorwurf ausgedacht zu haben.
(A.Monet--LPdF)