Le Pays De France - Karlsruhe verhandelt über 800 Milliarden Euro schweres EU-Hilfspaket

Paris -
Karlsruhe verhandelt über 800 Milliarden Euro schweres EU-Hilfspaket
Karlsruhe verhandelt über 800 Milliarden Euro schweres EU-Hilfspaket / Foto: © AFP/Archiv

Karlsruhe verhandelt über 800 Milliarden Euro schweres EU-Hilfspaket

Das Bundesverfassungsgericht befasst sich seit Dienstag mit den Grenzen der Kompetenzen der Europäischen Union. In Karlsruhe wird über zwei Verfassungsbeschwerden gegen die deutsche Zustimmung zum Ende 2020 beschlossenen Wiederaufbaufonds zur Bekämpfung der Pandemiefolgen verhandelt. Dafür nimmt die EU-Kommission etwa 800 Milliarden Euro auf und vergibt sie teils als Darlehen, teils als Zuschüsse an die Mitgliedsstaaten. (Az. 2 BvR 547/21 und 2 BvR 798/21)

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Ihre Darlehen sollen die Mitgliedsstaaten von 2028 bis 2058 zurückzahlen und dabei von den für die EU oft günstigeren Kreditkonditionen profitieren. Das Gericht muss nun darüber entscheiden, ob die Union mit dem Aufbauinstrument ihre Kompetenzen überschritt und ob der Deutsche Bundestag zustimmen durfte.

Ein Bündnis von mehr als 2200 Beschwerdeführern um den Volkswirtschaftler und früheren AfD-Chef Bernd Lucke zog ebenso nach Karlsruhe wie der Unternehmer und ehemalige Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Heinrich Weiss. Andere Verfassungsklagen wie etwa die im vergangenen Frühjahr eingereichte Beschwerde von sieben CDU-Bundestagsabgeordneten wurden diesmal nicht mitverhandelt.

Die erste am Dienstag verhandelte Beschwerde hat bereits eine längere Geschichte vor Gericht hinter sich: Da das Bündnis nämlich zusätzlich einen Eilantrag stellte, verbot Karlsruhe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im März vergangenen Jahres, das deutsche Zustimmungsgesetz bis zur verfassungsgerichtlichen Eilentscheidung zu unterschreiben. Im April lehnte es den Eilantrag dann aber ab und machte so den Weg für den Aufbaufonds von deutscher Seite erst einmal frei.

Nun begann der Zweite Senat mit der grundsätzlichen Verhandlung über das sogenannte Eigenmittelbeschlussratifizierungsgesetz. Die Verfassungsbeschwerden rügen, dass die Schulden vergemeinschaftet würden und Deutschland so auch für andere Länder haften müsse. Dies sei weder mit den Grundsätzen der EU noch mit dem Haushaltsrecht des Bundestags vereinbar.

Die Bevollmächtigten der Kläger sprachen vor Gericht von einem "Dammbruch", dem "dauerhaften Eintritt in eine Schuldenunion" und einer "entgrenzten Fnanzpolitik". Sie betonten aber, dass sie nicht grundsätzlich gegen die Europäische Union seien.

Finanzstaatssekretär Werner Gatzer verwies dagegen für die Bundesregierung auf die 2020 angesichts der Krise entstandene Notwendigkeit, die europäischen Volkswirtschaften mittel- und langfristig stabil zu halten. Dabei habe schon die Ankündigung des Hilfspakets positive Auswirkungen gehabt. Das Vorgehen bewege sich im Rahmen der europäischen Verträge, betonte er.

Verfassungsrichter Peter Huber kündigte als Berichterstatter an, das Gericht werde sich mit den Fragen befassen, was Eigenmittel der EU sind, ob Schulden dazu gehören und ob es ein ungeschriebenes allgemeines Verschuldungsverbot gibt. Außerdem berate es über die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestags.

Auch am Mittwoch will der Zweite Senat weiter über die Verfassungsbeschwerden verhandeln. Sein Urteil wird aber erst in einigen Monaten erwartet.

(L.Chastain--LPdF)