Le Pays De France - Wahlbehörde: Tunesiens umstrittene neue Verfassung mit 94,6 Prozent angenommen

Paris -
Wahlbehörde: Tunesiens umstrittene neue Verfassung mit 94,6 Prozent angenommen
Wahlbehörde: Tunesiens umstrittene neue Verfassung mit 94,6 Prozent angenommen / Foto: © AFP

Wahlbehörde: Tunesiens umstrittene neue Verfassung mit 94,6 Prozent angenommen

Die umstrittene neue Verfassung Tunesiens ist bei dem von der Opposition boykottierten Referendum wie erwartet mit breiter Mehrheit angenommen worden. Für die Verfassungsänderung, die Präsident Kais Saied deutlich mehr Macht verleiht, stimmten laut vorläufigen Zahlen 94,6 Prozent der Teilnehmer der Volksabstimmung, wie der Chef der Wahlbehörde Isie, Farouk Bouasker, am Dienstagabend bekanntgab. Die Wahlbeteiligung lag bei lediglich knapp 28 Prozent.

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Die Opposition und Nichtregierungsorganisationen befürchten infolge der Verfassungsänderung eine Rückkehr des nordafrikanischen Landes zu einem autoritären System. Sowohl die islamistischen Ennahda-Partei wie auch die säkulare Partei PDL hatten zu einem Boykott des Referendums vom Montag aufgerufen und nannten es einen "illegalen Prozess" ohne Absprache.

Laut der neuen Verfassung kann der Präsident den Regierungschef und die Minister künftig ohne parlamentarische Beteiligung ernennen und auch wieder entlassen. Er könnte im Parlament Gesetzestexte einbringen, die Vorrang vor anderen Entwürfen hätten. Die Stellung des Parlaments würde deutlich geschwächt. Eine Absetzung des Präsidenten ist in der neuen Verfassung nicht vorgesehen.

Der Jurist Sadok Belaïd, den Präsident Saïed mit der Erarbeitung der Verfassung betraut hatte, distanzierte sich von der Endfassung. Er erklärte, sie könne "den Weg zu einem diktatorischen Regime freimachen".

Saïed war Ende 2019 gewählt worden. Vor einem Jahr entmachtete er unter Berufung auf Notstandsgesetze die Regierung und das Parlament.

(R.Lavigne--LPdF)