Nordkorea deutet Wiederaufnahme von Atom- und Langstreckenraketentests an
Nordkoreas Führung hat eine Wiederaufnahme der ausgesetzten Tests von Atom- und Langstreckenraketen angedeutet. Auf einer Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei wurde einem "betroffenen Sektor" die Anweisung erteilt, die "Frage der Wiederaufnahme aller vorübergehend ausgesetzten Aktivitäten unverzüglich zu prüfen", berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Donnerstag. Damit bezog sie sich wahrscheinlich auf Pjöngjangs Atom- und Interkontinentalraketenprogramm. Das Land bereite sich auf eine "langfristige Konfrontation" mit den USA vor.
Die von Staatsführer Kim Jong Un geleitete Sitzung hatte demnach einen Bericht über die Lage auf der koreanischen Halbinsel analysiert. "Die feindselige Politik und die militärische Bedrohung durch die USA haben eine Gefahrenlinie erreicht, die nicht mehr übersehen werden kann", schrieb KCNA dazu. Demnach wurde auf der Sitzung "die Ausrichtung der Gegenmaßnahmen gegen die USA für die Zukunft" diskutiert.
Die hochrangigen Beamten seien sich einig gewesen, dass Nordkorea sich "gründlicher auf eine langfristige Konfrontation" mit mit Washington vorbereiten müsse, berichtete KCNA weiter. Dazu zähle die Prüfung einer Wiederaufnahme aller vorübergehend unterbrochenen Aktivitäten.
Für Nordkoreas Nachbarn fällt die mögliche Wiederaufnahme von Atomwaffentests und Tests von ballistischen Langstreckenraketen in eine heikle Zeit. Nordkoreas Verbündeter China richtet im Februar die Olympischen Winterspiele aus und Südkorea bereitet sich auf die Präsidentschaftswahlen im März vor.
Nach Ansicht des Experten Hong Min von der Denkfabrik Korea Institute for National Unification in Seoul hat Pjöngjang das erste Amtsjahr von US-Präsident Joe Biden abgewartet. Da es kein Angebot für Gespräche auf höchster Ebene gegeben habe, sei das Land nun zur Tagesordnung zurückgekehrt. "Es ist praktisch wieder 2017", sagte er und bezog sich dabei auf das Jahr, in dem Nordkorea Atomwaffen und Interkontinentalraketen testete und sich Kim und der damalige US-Präsident Donald Trump einen Schlagabtausch lieferten.
Auch der Experte Ankit Panda von der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace ist der Ansicht, dass Atomtests zwar unwahrscheinlich seien, aber Test von Langstreckenraketen wieder auf dem Tisch seien. Kim "wiederholt damit eine Botschaft, die er bereits Ende 2019 verkündet hatte: Dass das Vorgehen der USA ihm keinen Grund gibt, an seinem selbst auferlegten Moratorium festzuhalten", betonte der Experte.
Der nordkoreanische Machthaber hatte 2018 ein selbst auferlegtes Moratorium für Atomtests und Tests von Interkontinentalraketen verkündet. Er drohte aber damit, den Teststopp wieder aufzuheben, nachdem die Gespräche mit dem damaligen US-Präsidenten Trump 2019 gescheitert waren. Das Land hat dieses Jahr bereits einige Raketentests vorgenommen, die im Westen heftig kritisiert wurden. Washington verhängte deshalb neue Sanktionen gegen wichtige nordkoreanische Funktionäre.
Auf einer Parteitagsrede hatte Kim zudem kürzlich sein Bekenntnis zur Modernisierung der Streitkräfte bekräftigt - allerdings ohne dabei explizit auf die angebliche Bedrohung durch die USA einzugehen. KCNA zufolge beschloss das Politbüro nun hingegen einstimmig, dass Nordkorea sich "gründlicher auf eine langfristige Konfrontation mit den US-Imperialisten vorbereiten" und seine "physische Stärke zur Verteidigung" der Rechte und Interessen der Nation "erhöhen" sollte.
(R.Lavigne--LPdF)