Le Pays De France - Selenskyj: Russland schickt tausende Reservisten als "Kanonenfutter" an die Front

Paris -
Selenskyj: Russland schickt tausende Reservisten als "Kanonenfutter" an die Front
Selenskyj: Russland schickt tausende Reservisten als "Kanonenfutter" an die Front / Foto: © AFP

Selenskyj: Russland schickt tausende Reservisten als "Kanonenfutter" an die Front

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland wegen seiner Teilmobilmachung vorgeworfen, Reservisten als "Kanonenfutter" in die Ukraine zu schicken. Die russische Armee schicke derzeit "tausende Eingezogene an die Front", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Donnerstagabend. Das Rote Kreuz forderte am Freitag "sofortigen und ungehinderten" Zugang zu allen im Zuge des Ukraine-Krieges gemachten Kriegsgefangenen.

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Selenskyj sagte mit Blick auf die von Russland an die Front geschickten Reservisten: "Die Verwendung dieser Menschen durch die russischen Generäle als Kanonenfutter erlaubt es ihnen, den Druck auf unsere Verteidiger erhöhen." Diese Truppenaufstockung schaffe einen "spürbaren Druck" auf die ukrainische Armee.

Der Oberkommandeur der ukrainischen Armee, Walery Saludschny, nannte die Lage an der Front "kompliziert, aber unter Kontrolle". Allerdings sei die Ukraine auf weitere Hilfe angewiesen. "Die Überlegenheit der feindlichen Artillerie zeigt die Notwendigkeit, die Feuerkraft der ukrainischen Armee zu erhöhen", sagte Saludschny. "Auch die Frage der integrierten Luftabwehr ist entscheidend."

Das Rote Kreuz forderte am Freitag sofortigen Zugang zu allen Kriegsgefangenen im Ukraine-Krieg. Der bisher mangelnde Zugang sei "frustrierend", sagte der Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und Roten Halbmond (IKRK), Ewan Watson. Gemäß der Genfer Konvention müssten die Konfliktparteien bei internationalen gewaltsamen Konflikten dem IKRK sofortigen Zugang zu Kriegsgefangenen gewähren sowie "das Recht, sie zu besuchen, wo immer sie auch festgehalten werden", betonte Watson.

Bislang habe das Rote Kreuz hunderte Kriegsgefangene auf beiden Seiten besuchen können, "aber es gibt tausende weitere, die wir noch nicht sehen konnten, und wir sind besorgt über ihr Schicksal", sagte der IKRK-Sprecher. So habe das IKRK bis heute nicht das Gefängnis im von russischen Truppen kontrollierten ostukrainischen Oleniwka besuchen können. Dort waren im Juli bei einem mutmaßlichen Bombenangriff dutzende ukrainische Kriegsgefangene getötet worden.

Russland hatte die Ukraine beschuldigt, das Gefängnis in Oleniwka selbst angegriffen zu haben. Die ukrainischen Behörden warfen dagegen Russland vor, der angebliche Bombenangriff sei ein Vertuschungsversuch für ein gezieltes Massaker an Kriegsgefangenen gewesen.

Die UN-Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, warf Russland derweil vor, Vergewaltigungen durch russische Soldaten als "eindeutige Militärstrategie" im Ukraine-Krieg einzusetzen. "Alle Hinweise" dafür lägen vor, dass sexuelle Gewalt im Ukraine-Krieg als Waffe eingesetzt werde, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Es handele sich um eine "bewusste Taktik. um die Opfer zu entmenschlichen".

Laut Patten untersuchten UN-Experten mehr als einhundert Fälle von Vergewaltigung und sexueller Gewalt seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Die Untersuchungen bestätigten klar "Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von den russischen Streitkräften begangen wurden". Die Opfer seien dabei zwischen vier und 82 Jahren alt gewesen. Die meisten Opfer seien Frauen und Mädchen, aber auch Männer und Jungen würden sexuell misshandelt.

Die russische Regierung ordnete derweil die vollständige Wiederherstellung der durch eine Explosion schwer beschädigten Brücke zur von Russland annektierten ukrainschen Halbinsel Krim an. Die zerstörten Teile des Bauwerks sollten bis zum 1. Juli kommenden Jahres wiederhergestellt sein, verfügte Ministerpräsident Michail Mischustin in einem am Freitag unterzeichneten Dekret.

Die voraussichtliche Dauer der Bauarbeiten wirft ein Schlaglicht auf die Schwere der Beschädigungen, die nach russischen Angaben durch die Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Lkw verursacht wurden. Trotz der offensichtlichen Schäden hatten die russischen Behörden schon wenige Stunden nach der Explosion erklärt, die Brücke sei bereits wieder für den Schienen- und Autoverkehr freigegeben.

(R.Dupont--LPdF)