Bundesversammlung tritt zu Wahl des Bundespräsidenten zusammen
In Berlin ist die Bundesversammlung zusammengekommen, um den nächsten Bundespräsidenten zu wählen. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier kann mit einer Bestätigung bereits im ersten Wahlgang rechnen, er genießt die Unterstützung von SPD, Unionsparteien, Grünen und FDP. Diese stellen mehr als 1220 der 1472 Mitlieder der Bundesversammlung. Seine drei Gegenkandidaten gelten als chancenlos. Sie wurden von Linkspartei, AfD und Freien Wählern aufgestellt.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) rief in ihrer Eröffnungsansprache dazu auf, angesichts der vielen aktuellen Krisen nicht den Mut zu verlieren. Sie verwies auf die gesellschaftlichen Spannungen infolge der Corona-Politik, auf den Klimawandel und auf die Krise um die Ukraine. "Machen wir uns klar, dass Furcht nicht weiterhilft", sagte Bas. Das Zusammentreten der Bundesversammlung und die Wahl des neuen Staatsoberhaupts zeigten: "Unser Staat funktioniert auch in schwieriger Zeit."
Bas warb für einen zivilisierten Ton in der politischen Debatte. Jeder dürfe seinen Unmut äußern, etwa gegen die Corona-Politik oder gegen als unzureichend empfundene Klima-Maßnahmen - dies müsse aber immer mit Respekt für andere Meinungen erfolgen. "Wer sich an das Recht hält, darf demonstrieren - aber wer sich selbst ein eigenes Recht schafft, das Recht auf die alleinige Wahrheit, der setzt sich ins Unrecht", sagte die Bundestagspräsidentin.
Bas beendete ihre Rede mit einem Appell: "Halten wir zusammen! Suchen wir das Verbindende! Setzen wir da an, wo wir etwas bewegen können - jede und jeder von uns, zusammen mit dem Staatsoberhaupt, das zu wählen jetzt die Aufgabe aller Anwesenden ist."
Der 17. Bundesversammlung gehören 1472 Mitglieder an. Sie ist die größte parlamentarische Versammlung in der Bundesrepublik. Das Gremium tritt in der Regel nur alle fünf Jahre zusammen, ihre einzige Aufgabe ist die Wahl des Staatsoberhaupts. Der Versammlung gehören die 736 Abgeordneten des Bundestags sowie die gleiche Anzahl von Vertretern der Länderparlamente an.
Aus Pandemieschutzgründen tagt die Bundesversammlung nicht im Plenarsaal des Bundestags, sondern über mehrere Stockwerke verteilt im Paul-Löbe-Haus, einem Büro- und Sitzungsgebäude des Parlaments. Es wurde für die Zeit der Wahl offiziell zum Plenarbereich des Bundestags erklärt.
Für die Wahl im ersten Durchgang ist die absolute Mehrheit erforderlich. Die Unterstützer von Steinmeier kommen in der Bundesversammlung auf mehr als 1220 Stimmen. Die Unionsparteien CDU/CSU stellen 445 Wahlleute, die SPD 391, die Grünen 233 und die FDP 154. Die AfD entsendet 151 Mitglieder und die Linke 71. Die Freien Wähler stellen 18 Wahlleute, der Südschleswigsche Wählerverband ist mit zwei Mitgliedern vertreten. Hinzu kommen fraktionslose Vertreter.
Die Linke schickte den Kandidaten Gerhard Trabert gegen Steinmeier ins Rennen. Der 65-Jährige hat sich als Sozialmediziner profiliert. Die Freien Wähler nominierten die 41-jährige Atomphysikerin Stefanie Gebauer. Sie ist die einzige weibliche Kandidatin. Für die AfD tritt der 57 Jahre alte Ökonom Max Otte an: Otte war CDU-Mitglied, seine Mitgliedschaft wurde wegen seiner Kandidatur für die AfD ausgesetzt.
(L.Garnier--LPdF)