Hohe Kosten und Unsicherheiten: Zahl der Baugenehmigungen geht deutlich zurück
Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Unsicherheiten und hoher Kosten sind die Baugenehmigungen in Deutschland im bisherigen Jahresverlauf deutlich zurückgegangen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte, wurden von Januar bis Oktober 2024 etwa 175.800 Wohnungen genehmigt und damit fast ein Fünftel (19,5 Prozent) weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Branche nannte die aktuelle Lage "katastrophal".
Der Abwärtstrend setzte sich den Angaben zufolge auch im Oktober fort. In dem Monat wurde der Bau von 18.600 Wohnungen genehmigt, das waren 18 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In den Zahlen sind laut Bundesamt sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.
Die Zahl der Genehmigungen sank in allen Gebäudearten, das gilt auch für den gesamten erfassten Zeitraum in diesem Jahr: So ging sie von Januar bis Oktober um 23,6 Prozent bei Einfamilienhäusern und um 13,6 Prozent bei Zweifamilienhäusern zurück. Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, stand ein Minus von 22,2 Prozent.
Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland geht seit rund zwei Jahren Monat für Monat zurück - meistens im zweistelligen Prozentbereich. Grund sind gestiegene Baukosten und die zugleich hohen Zinsen. Im August waren mit 18.300 dann 6,8 Prozent weniger Wohnungen genehmigt worden, was Hoffnung auf eine Trendwende in absehbarer Zeit aufkommen ließ. Im September sanken die Genehmigungen dann aber wieder sehr deutlich, was sich nun fortsetzte.
Die Ampel-Regierung war ursprünglich mit dem Ziel angetreten, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen. Sie hatte das aber nie erreicht und dürfte es auch in diesem Jahr deutlich verfehlen.
"Seit nunmehr drei Jahren kennen die Genehmigungszahlen im Wohnungsbau nur eine Richtung: Abwärts", kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, die jüngsten Statistikzahlen. "Eine Bodenbildung ist noch lange nicht in Sicht." Die Wohnraumknappheit dürfte daher eines der wichtigsten Wahlkampfthemen werden, führte Müller aus.
Zusätzlich zu den weiterhin hohen Zinsen und gestiegenen Baukosten komme nun auch noch die Zeit ohne Haushalt in Deutschland. Dies sei "ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die Bauwilligen", erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. Der Wohnungsbau komme seit 29 Monaten nicht aus seinem Tal. "Das Jahr endet, wie es begonnen hat: katastrophal", kritisierte Pakleppa.
In der neuen Bundesregierung müsse der Wohnungsbau daher "oberste Priorität" in einem "starken Bauministerium" bekommen. In diesem müssten Kompetenzen für den Bau, die Sanierung und die Förderung gebündelt werden.
Auf der Agenda der nächsten Bundesregierung müsse "zwingend eine zielgenaue und verlässliche Förderung von bezahlbarem Wohnungsbau stehen", forderte auch Müller. Nötig seien außerdem die Absenkung von bürokratischen Hindernissen und die sinnvolle Begrenzung staatlich verordneter Gebäudeanforderungen.
Die Partei Die Linke forderte vor allem mehr Investitionen in den gemeinnützigen Wohnungsbau. Genossenschaften und kommunale Wohnungsbauunternehmen müssten in die Lage versetzt werden, wieder mehr zu bauen. "Sie brauchen dazu Steuerbefreiungen, mehr Fördermittel und öffentliche Grundstücke", erklärte Parteichefin Ines Schwerdtner.
(V.Castillon--LPdF)