In der "Ampel" ist noch keine Einigung über das Bürgergeld in Sicht
In der Ampel-Koalition ist noch keine Einigung über die Ausgestaltung des Bürgergeldes in Sicht. Die SPD beharrt darauf, die Regelsätze für die künftige Leistung durch eine Neufassung der Berechnungsgrundlagen deutlich zu erhöhen, die FDP will eine Anhebung nur im Rahmen des Inflationsausgleichs. Strittig ist auch die Frage, welche Sanktionen künftig verhängt werden sollen, wenn Jobsuchende ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Ziel sei, Menschen nachhaltig wieder in Arbeit zu bringen. "Darüber hinaus ist es aber vollkommen klar, dass wir auch die Berechnungsgrundlage für die Regelsätze auf die Höhe der Zeit bringen müssen."
"Wir dürfen die Menschen mit geringen Einkommen mit den anhaltenden Preissteigerungen nicht alleine lassen", sagte SPD-Chefin Saskia Esken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstagsausgaben) "Wie der Mindestlohn müssen auch die Regelsätze in der Grundsicherung kräftig steigen." Auch Esken sagte, die Anpassung solle "durch eine Überarbeitung der Berechnungsgrundlage für die Regelsätze" erfolgen und nicht politisch festgelegt werden.
"Ich bin mir sicher, dass auch unsere Koalitionspartner bereit sind, die Menschen in dieser schwierigen Lage zu unterstützen, so dass wir im Herbst gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen werden", sagte die SPD-Vorsitzende.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Teutrine sagte auf NDR Info, es wäre ein falsches Signal, wenn das geplante Bürgergeld über die Inflation hinaus steigen würde. "Der Grundsatz muss gelten: Der, der arbeitet, hat auch immer spürbar mehr als derjenige, der nicht arbeitet." Er plädierte dafür, die Zuverdienstregelungen zu lockern. Von dem zusätzlichen Verdienst würden über 80 Prozent dort angerechnet. "Aber es muss sich lohnen, immer mehr zu arbeiten."
Die Union drängte auf Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf. Heils Pläne "lassen klare Aussagen vermissen, wie eine nachhaltige Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gelingen soll", sagte der Unions-Arbeitsmarktexperte Axel Knoerig der Nachrichtenagentur AFP. "Da muss deutlich mehr kommen."
Zudem würden die Möglichkeiten zur Verhängung von Sanktionen "mehr als entschärft". Das Bürgergeld dürfe "kein Einstieg in das bedingungslose Grundeinkommen sein", mahnte der CDU-Politiker. Das Gesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig, somit benötigt es auch die Unterstützung der Union aus den Ländern.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte seinen Gesetzentwurf zum Bürgergeld am Mittwoch vorgestellt. Er sieht neben einer neue Berechnungsgrundlage vor, dass Sanktionen künftig erst nach einer sechsmonatigen "Vertrauenszeit" verhängt werden sollen.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch rief die "Ampel" dazu auf, sich hinter das Konzept von Heil zu stellen. "Entscheidend werde am Ende sein, ob Hubertus Heil seinen Vorschlag durchsetzen kann", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die FDP darf nicht Hemmschuh für einen anständigen Sozialstaat sein."
Lob bekam Heil vom Caritas-Verband. Die Vorschläge "atmen einen neuen Geist, geprägt von mehr Respekt gegenüber Menschen in einer Lebenskrise", erklärte dessen Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa.
Das Konzept des Minister "weist die richtige Richtung auf, bleibt aber die Antwort auf die wichtigste Frage schuldig", erklärte der Präsident der Arbeiterwohlfahrt, Michael Groß. So bleibe offen, wie hoch die Regelsätze künftig sein werden.
(H.Leroy--LPdF)