Deutschland und Schweden wollen bei Energiewende eng zusammenarbeiten
Deutschland und Schweden wollen beim Ausbau der erneuerbaren Energien eng zusammenarbeiten, verfolgen bei der Atomkraft aber weiterhin unterschiedliche Wege. Angesichts der Gaskrise infolge des russischen Kriegs in der Ukraine sei die Abkehr von fossilen Energieträgern auch ein "sicherheitspolitisches Gebot", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag bei einem Besuch in Stockholm. Der Kanzler machte dort zudem deutlich, dass er keine großen Hürden mehr für einen Nato-Beitritt von Schweden und Finnland sieht.
Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson sagte zur Energiefrage, der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, "wie wichtig es ist, unsere fossile Abhängigkeit zu reduzieren". Sie fügte hinzu: "In Schweden bereiten wir uns auf schwierige Zeiten vor." Schweden setze weiter auf die Atomkraft und werde dies "auf lange Zeit" so fortführen, sagte Andersson bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz. Pläne für den Bau neuer Atomkraftwerke gebe es aber nicht.
Der Kanzler sagte, jedes Land müsse in der Energiepolitik "seine eigenen Entscheidungen" treffen. "In anderen Ländern spielt die Atomkraft eine Rolle", fügte er hinzu.
Zum erwarteten Nato-Beitritt von Schweden und Finnland sagte der Kanzler: "Meine Zuversicht ist groß, dass es jetzt sehr schnell gehen wird." Er erwarte, dass jene Nato-Länder, die den Betritt noch nicht ratifiziert haben, "das bald tun werden - auch die Türkei". Durch den Beitritt werde die "Verteidigungsfähigkeit der Nato und damit unsere Sicherheit" gestärkt. Er sei "historisch".
Andersson kündigte an, dass ihr Land die von der Türkei geforderten Auslieferungen fortsetzen werde. Schweden hatte vor wenigen Tagen die erste Abschiebung eines türkischen Staatsbürgers seit dem Streit mit der Türkei um seinen Nato-Beitritt angekündigt. Es handele sich um einen wegen Kreditkartenbetrugs verurteilten Türken.
Die Türkei hatte mehrfach gedroht, den Nato-Beitritt der nordischen Länder zu blockieren, wenn sie die türkischen Forderungen nicht erfüllen. Die Türkei begründete dies mit der angeblichen schwedischen und finnischen Unterstützung von "Terrororganisationen" - gemeint sind damit vor allem Anhänger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen.
Im Juni unterzeichneten die Türkei, Schweden und Finnland ein Abkommen, das die Beitritte ermöglichen soll. Aktivisten für Menschenrechte und Meinungsfreiheit warnten davor, dass durch die Vereinbarung keinesfalls im Exil lebende, verfolgte türkische Oppositionelle an Ankara ausgeliefert werden dürften. Kritiker von Präsident Recep Tayyip Erdogan würden in der Türkei schnell als "terrorverdächtig" eingestuft.
Der Prozess zur Aufnahme der nordischen Länder in die Nato ist bereits angelaufen. Allerdings muss jedes der 30 Mitgliedsländer den Beitritt einzeln ratifizieren. Der Bundestag hat seine Zustimmung schon erteilt. Aktuell steht nach Angaben der Bundesregierung noch die Ratifizierung von sieben Ländern aus.
Die Nato-Norderweiterung könnte das militärische Kräfteverhältnis in der strategisch wichtigen Region Nordeuropa verändern. Durch Finnland bekäme das Militärbündnis auch eine neue, 1300 Kilometer lange direkte Grenze mit Russland. Russlands Präsident Wladimir Putin warf der Nato bereits "imperiale Ambitionen" vor.
In der Stadt Södertalje bei Stockholm besuchten Scholz und Andersson auch ein Werk des schwedischen Fahrzeugbauers Scania. Scania arbeitet dort gemeinsam mit dem deutschen Mutterkonzern Volkswagen an Konzepten zur klimaschonenden Elektrifizierung des Lastverkehrs. Ziel ist es, den Güterverkehr vor allem auf langen Strecken umweltfreundlicher zu gestalten. Der Scania-Besuch war die letzte Station von Scholz' Skandinavien-Reise, die am Montag in Norwegen begonnen hatte.
(A.Monet--LPdF)