"Spiegel" berichtet über Kalendereintrag in Hamburger Cum-Ex-Affäre
Einem "Spiegel"-Bericht zufolge sollen Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft in der sogenannten Hamburger Cum-Ex-Affäre um die Warburg-Bank auf einen möglichen Hinweis auf ein unter Umständen relevantes Treffen zwischen Hamburgs damaligem Bürgermeister Olaf Scholz und Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (beide SPD) gestoßen sein. Das berichtete das Magazin am Freitag unter Verweis auf einen ihm vorliegenden "vertraulichen Vermerk" der Ermittler.
Laut "Spiegel" verweist die Staatsanwaltschaft darin auf einen Termineintrag in Tschentschers beschlagnahmtem Terminkalender vom 6. September 2017 mit der Bezeichnung "BGM I HSH und 17.11.2016". Die Abkürzungen stehen demnach für den heutigen Kanzler Scholz, der damals Hamburgs Erster Bürgermeister war, und die ehemalige Landesbank HSH. Das Datum markiert laut "Spiegel" wiederum den Tag, an dem die Hamburger Finanzbehörde zwischenzeitlich entschied, auf eine Steuerrückzahlung der Warburg-Bank zu verzichten.
Ein Sprecher Tschentschers, der aktuell Hamburgs Erster Bürgermeister ist, stufte dies gegenüber dem "Spiegel" als "Fehlinformation" ein. Der Eintrag in Tschentschers Kalender laute "BGM I HSH". Es gebe darin keinen Bezug zu dem genannten Datum oder der Warburg-Bank. Am 6. September 2017 hätten Scholz und Tschentscher im Rathaus an einem Treffen zum Thema HSH Nordbank teilgenommen. Das Institut wurde während dieser Zeit gerade privatisiert.
Eine Sprecherin der Bundesregierung äußerte sich laut "Spiegel" auf Anfrage inhaltlich nicht näher. Der vom Magazin zitierte Kalendereintrag habe keinen Bezug zum Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramts, teilte sie demnach mit. Das Amt könne sich grundsätzlich aber nur zu eigenen Vorgängen äußern.
In der Cum-Ex-Affäre geht es um die Frage, ob die Hamburger Steuerverwaltung vor mehreren Jahren möglicherweise aufgrund einer Intervention aus der Politik die Privatbank Warburg vor einer millionenschweren Steuerrückzahlung im Zusammenhang mit dem sogenannten Cum-ex-Skandal bewahrt haben könnte. Ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft untersucht die Vorgänge seit annähernd zwei Jahren. Scholz wies alle Vorwürfe wiederholt und nachdrücklich zurück, zuletzt bei einer Ausschussbefragung im August.
Die Staatsanwaltschaft in Köln ermittelt - unabhängig von der politischen Untersuchungen in Hamburg - gegen Mitarbeiter von Banken wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte. Die Ermittlungen richten sich nicht gegen Scholz oder andere Politiker. Mit Cum-Ex-Geschäften wird das Verschieben von Aktien rund um einen Dividendenstichtag bezeichnet, um sich Kapitalertragsteuer erstatten zu lassen, die nicht gezahlt wurde. Der Staat verlor durch diese Praxis von Banken in der Vergangenheit Milliarden.
Die Einstufung als Steuerhinterziehung war zunächst über Jahre hinweg nicht abschließend geklärt und wurde erst vom Bundesgerichtshof (BGH) juristisch entschieden. In der Hamburger Affäre um die dortige Warburg-Bank geht es um einen Verzicht der Hamburger Finanzverwaltung auf Rückforderung von Steuern in Höhe von 47 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften im Jahr 2016. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Geld dann aber zurückgefordert.
(A.Renaud--LPdF)