Nasa-Sonde Dart rast bei spektakulärem Experiment in Asteroiden
Zum ersten Mal ist ein Raumfahrzeug absichtlich mit einem Asteroiden kollidiert. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa ließ die Sonde Dart in der Nacht zu Dienstag gezielt mit dem Asteroidenmond Dimorphos zusammenstoßen, um dessen Umlaufbahn zu verändern. Ziel der Mission ist es zu testen, ob die Erde durch ein solches Manöver vor einem herannahenden Himmelskörper geschützt werden könnte. Die Nasa sprach vom Beginn einer "neuen Ära".
Zehn Monate, nachdem Dart von Kalifornien aus ins All gestartet war, raste die Sonde mit einer Geschwindigkeit von mehr als 23.000 Stundenkilometern in den Asteroiden. Die Nasa hofft, dass dadurch die Umlaufbahn des Himmelskörpers verändert wurde. Ob dies gelungen ist, soll mit Hilfe von Teleskopen in den kommenden Tagen oder Wochen beobachtet werden.
"Aufprall bestätigt für die weltweit erste Testmission zur planetaren Verteidigung", verkündete die Nasa, als Live-Bilder den Aufschlag der Sonde auf Dimorphos zeigten. Im Kontrollzentrum in Laurel im US-Bundesstaat Maryland brachen Ingenieure und Wissenschaftler in Jubel aus. "Wir brechen auf in eine neue Ära - eine Ära, in der wir möglicherweise in der Lage sind, uns vor einem gefährlichen Asteroideneinschlag zu schützen", erklärte die Chefin der Nasa-Abteilung für Planetenforschung, Lori Glaze.
Dimorphos, der mit einem Durchmesser von 160 Metern etwa so groß ist wie eine ägyptische Pyramide, war auf den Live-Bildern der Nasa rund eine Stunde vor der Kollision zum ersten Mal als Lichtfleck zu sehen. In den letzten Minuten vor dem Aufprall der Sonde, die etwa die Größe eines Autos hatte, war dann auch seine felsige Oberfläche zu erkennen.
Durch den Aufprall soll die Umlaufbahn von Dimorphos um den Asteroiden Didymos leicht verändert werden: Die Umlaufzeit von bisher knapp zwölf Stunden soll um bis zu zehn Minuten verkürzt werden. Um im Ernstfall einen gefährlichen Asteroiden an der Erde vorbeizulenken, wären bei einem frühzeitigen Eingreifen auch nur minimale Kursänderungen nötig. Eine ähnliche Technik war bisher nur aus Science-Fiction-Filmen wie "Armageddon" bekannt.
Die Sonde selbst wurde bei dem Zusammenstoß mit Dimorphos zerstört. Wenige Minuten nach dem Aufprall sollte aber ein kleiner Satellit, der vor ein paar Wochen von dem Raumfahrzeug abgedockt war, an der Kollisionsstelle vorbeifliegen und Nahaufnahmen von ihr liefern. Es wird allerdings Wochen und Monate dauern, bis diese Bilder auf der Erde eintreffen. Auch Teleskope auf der Erde und im All, darunter das extrem leistungsfähige James-Webb-Teleskop, sollen das Experiment beobachten.
Für eine noch genauere Untersuchung will die Europäische Weltraumagentur (ESA) 2024 ihre Sonde Hera losschicken, die den Asteroiden zwei Jahre später erreichen soll. Die Mission, an der das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) maßgeblich beteiligt ist, soll die Beschaffenheit von Dimorphos und die Auswirkungen des Einschlags analysieren.
Von den Milliarden Asteroiden und Kometen in unserem Sonnensystem werden nur sehr wenige als potenziell gefährlich für die Erde eingestuft. Für die kommenden 100 Jahre wird nicht mit einem Einschlag gerechnet. Aber "ich garantiere Ihnen, wenn man lange genug wartet, wird es ein Objekt geben", sagte Nasa-Chefwissenschaftler Thomas Zurbuchen vorab.
Das lehrt auch die Weltraum-Geschichte: Vor etwa 66 Millionen Jahren schlug im heutigen Mexiko der rund zehn Kilometer große Chicxulub-Asteroid ein. Er sorgte für einen Dauer-Winter und wird mit dem Aussterben der Dinosaurier sowie von drei Viertel aller übrigen damaligen Arten in Verbindung gebracht. Der Einschlag eines Asteroiden von der Größe von Dimorphos hätte zwar nur regionale Auswirkungen. Er hätte aber mehr Wucht als jede Atombombe und könnte eine ganze Stadt zerstören.
(N.Lambert--LPdF)